Radikal und ohne Rücksicht auf Verluste verändert eine Gruppe von Lebewesen die Natur. Sie verdrängt Nashörner und Elefanten. Andere Arten rottet sie gnadenlos aus. Die Rede ist nicht von Menschen, sondern von Bäumen. Eindrücklich beschreibt der deutsche Waldforscher Peter Wohlleben, wie Bäume ganze Landschaften umgestalten, indem sie durch die Veränderung der Lichtverhältnisse Gräser und Kräuter reduzieren – das Futter der Pflanzenfresser.
Auch wir Menschen verändern die Natur. Anders als Bäume, die gemeinsam mit Pilzen, Bakterien und Insekten neue Ökosysteme aufbauen, bauen wir aber Natur ab. Anhand vieler Beispiele erklärt Wohlleben, warum der Mensch wider besseres Wissen die eigenen Lebensgrundlagen zerstört. Wie andere Lebewesen ist auch er ein Instinktwesen. Aufgrund seiner Fähigkeit, Werkzeuge herzustellen, entfernte er sich aber immer mehr vom Leben in der Natur.
Sozialer Ausgleich statt Wachstum
Heute hat der Zivilisationsprozess ein Tempo erreicht, das die Artenvielfalt weltweit bedroht. Die Zerstörung lasse sich nur stoppen, wenn es den Menschen gelinge, «ihre Instinkte in den Dienst des Verstands zu setzen», schreibt Wohlleben. Den grössten Hebel sieht er in der Demografie, denn der Ersatz fossiler Brennstoffe durch grüne Energie allein genüge nicht: «Wenn wir den globalen Kollaps vermeiden wollen, dann muss bald ein Ende des Geburtenüberschusses erreicht werden.»
Dazu bedürfe es einer Politik, die statt auf Wettbewerb und Wachstum auf sozialen Ausgleich setze. «Höhere Bildung und mehr Chancengleichheit bewirken eine immer weiter nach hinten geschobene Familienplanung», so der Autor. Das gelte nicht nur für den hochentwickelten Westen. «Ähnliches lässt sich auch in Ländern beobachten, deren Geburtenrate weit über dem Erhaltungswert der Bevölkerungszahl liegt, wie etwa in Äthiopien.»
Peter Wohlleben, «Unser wildes Erbe», Ludwig, München 2023, 256 S., Fr. 34.–
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