Vor rund 15 Jahren brachen die Erträge der Kalmarenfischer am Golf von ­Mexiko (USA) ein. Zählungen zeigten, dass die Kalmaren nicht ausgestorben waren. Ihre Zahl war sogar gestiegen. Doch ­wegen der Erwärmung des Meeres erreichen sie nur noch einen Bruchteil ihrer einstigen Grösse – und sind zu klein, um nach den ­Ködern der Fischer zu schnappen.

Auf einem packenden Streifzug durch die Natur zeigt der US-Biologe Thor Hanson, wie Tiere und Pflanzen auf den Klimawandel ­reagieren. Zehntausende Arten seien auf der Flucht, schreibt der Autor. Andere versuchen, sich anzupassen. Und einige mutieren. So etwa die kari­bischen Anolis-Eidechsen: Sie bildeten grös­sere Haftpolster an den Zehen, um nicht von den vermehrt auftretenden Wirbelstürmen weggeweht zu werden.

Vielen Arten fehlt aber die Fähigkeit, sich anzupassen. Deshalb sind sie vom Aussterben bedroht. So reagieren etwa Zaunleguane auf Hitzestress, indem sie sich in den Schatten zurückziehen: «Zeit, die ihnen für die Nahrungssuche fehlt», schreibt Hanson.

Doch es gibt auch Gewinner des Klimawandels – etwa die Krabbentaucher auf den Franz-Josef-Inseln in der Arktis. Die Seevögel ernähren sich von Krebsen, die nur dort ­gedeihen, wo sich das Meerwasser mit dem Schmelzwasser des Packeises mischt. Da sich das Eis in Richtung Nordpol zurückziehe, könnten die Vögel ihre Jagdreviere ab 2050 nicht mehr erreichen, warnten Forscher bis vor kurzem.

Eine Studie mit Peilsendern förderte jedoch Überraschendes zutage: Die Krabbentaucher haben längst neue Futterplätze an der Küste gefunden. Wo das Schmelzwasser der Inselgletscher ins Meer fliesst, bilden sich riesige Krebskolonien – «ein Festmahl» für die Vögel, so Hanson. ­Allerdings nur auf Zeit: Wärmt sich die Erde weiter im heutigen Tempo auf, exististieren die Gletscher nur noch 180 Jahre.

Thor Hanson, «Von schrumpfenden Tintenfischen und windfesten ­Eidechsen», Kösel, München  2022, 284 Seiten, zirka 35 Franken