Rote Karte: Wenn Medien vor Bern in die Knie gehen
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saldo 16/2017
10.10.2017
Herbert Lanz
Die Fernsehsender TeleZüri und Tele M1 strahlten eine Woche vor der Abstimmung zur Rentenreform vom 24. September einen Beitrag zum Thema Rentenalter 70 aus. Die Sender berichteten zwar nichts Neues, aber etwas für die Befürworter der Rentenreform Unangenehmes: Dass die Vorlage den Pensionskassen mit Artikel 13 des geplanten Bundesgesetzes das Recht gegeben hätte, die Rente trotz AHV-Alter 65 bis zu fünf Jahre hinauszuschieben – also bis 70! Nach dem T...
Die Fernsehsender TeleZüri und Tele M1 strahlten eine Woche vor der Abstimmung zur Rentenreform vom 24. September einen Beitrag zum Thema Rentenalter 70 aus. Die Sender berichteten zwar nichts Neues, aber etwas für die Befürworter der Rentenreform Unangenehmes: Dass die Vorlage den Pensionskassen mit Artikel 13 des geplanten Bundesgesetzes das Recht gegeben hätte, die Rente trotz AHV-Alter 65 bis zu fünf Jahre hinauszuschieben – also bis 70! Nach dem TV-Bericht zogen die «Aargauer Zeitung», «20 Minuten online» und «Tages- Anzeiger online» mit dem Thema nach.
Dem Bundesamt für Sozialversicherungen passten die Berichte so kurz vor der Abstimmung nicht. Die Behörde intervenierte bei den Redaktionen. Tenor der Protestnote: Vorsorgeeinrichtungen könnten schon bisher in ihren Reglementen ein von der gesetzlichen Lösung abweichendes Rentenalter bestimmen, «sofern die Ansprüche der Versicherten nach BVG gewahrt bleiben».
Die Redaktionen knickten ein und löschten die Beiträge. saldo wollte wissen, warum. Die AZ Medien beantworteten die Fragen nicht. Tamedia schreibt: «Aufgrund der Ausführungen des Bundesamts für Sozialversicherungen schien uns die Sach- und Rechtslage eindeutig.»
Fakt ist: Das geltende Recht erlaubt den Pensionskassen nur, das Pensionsalter unter 65 Jahren anzusetzen, nicht darüber. Die Argumentation des Bundesamts ist falsch.
Fazit: Statt klein beizugeben und die Löschtaste zu drücken, hätten die Redaktionen lieber den Sachverhalt genau abgeklärt. Das sollte immer gelten – auch wenn die Regierung anruft.