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Die Schlacht von Marignano im Jahr 1515 wird 500 Jahre später noch einmal ausgefochten – ohne Rücksicht auf Verluste. Und zwar durch die Journalisten des «Tages-Anzeigers». Sie haben auf ihrer Internetseite ein Marignano-Spiel aufgeschaltet. Motto des Games laut Website: «Kämpfe, solange du kannst.» Das Ziel für die Mitspieler am Computer: «Durch geschickte Taktik kannst du den Untergang der Eidgenossenschaft hinauszögern.» Da stürmt man als Spieler also mit Hellebärdeli und Kanönli auf die Franzosen los. Dazu scheppert eine Geräuschkulisse, die den Schlachtlärm simulieren soll.
Nach etwas Üben hat selbst ein Internet-Muffel die Sache im Griff, die Franzosen laufen den Eidgenossen ins Messer. Immerhin gibt es keine Geschichtsfälschung: «Du wirst diese Schlacht gegen die französische Armee verlieren», heisst es auf der Website. Egal, das Herumballern soll einfach lustig sein.
500 Jahre zurück sind eine lange Zeit – aber eine Schlacht bleibt eine Schlacht. In Marignano büssten rund 20 000 Leute aus einfachen Verhältnissen mit ihrem Leben. Wie lange geht es wohl, bis die «Tages-Anzeiger»-Redaktion den Zweiten Weltkrieg spielerisch aufleben lässt? Bei der Schlacht um Berlin vor 70 Jahren würde es dann heissen: «Durch geschickte Taktik kannst du den Untergang des Dritten Reichs hinauszögern.» Als nächste Eskalationsstufe wäre ein aktuelles Spiel rund ums Schiffliversenken im Mittelmeer denkbar.
Deshalb, geschätzte Kollegen beim «Tages-Anzeiger»: Die Schlacht um Marignano ist keine tolle Vorlage für ein lustiges Computerspiel. Und verdient die Rote Karte.
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