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Die Geschichte war zu gut, als dass sie sich ein Boulevardblatt entgehen lassen konnte. «Bei lebendigem Leibe zerfleischt: Kim warf seinen Onkel 120 Hunden zum Frass vor.» Unter diesem Titel publizierte «Blick Online» am 3. Januar eine Horrorgeschichte über Nordkoreas Diktator Kim Jong Un. Der Todeskampf unter den Augen von «300 weiteren Funktionären» habe «eine Stunde gedauert». Als Quelle gab «Blick Online» die «chinesische Zeitung Wen Wei Po» an. Dutzende von Lesern kommentierten hasserfüllt: «Einfach nur krank dieser Mensch – eine tickende Zeitbombe.» Oder: «Solche Kreaturen darf man nicht einmal als krank bezeichnen – das wäre eine Beleidigung für wirklich Kranke.»
Die Geschichte hat einen Haken: Sie stimmt nicht. Klar ist auch, dass nicht die Hongkonger Boulevardzeitung «Wen Wei Po» die Geschichte erfunden hat. Quelle war ein Blogeintrag des Satirikers Choi Seung-Ho auf dem chinesischen Internetportal Weibo.com.
Und was macht der «Blick»? Nichts. Die Lügengeschichte war bei Redaktionsschluss nach wie vor auf der Website abrufbar.
Offen ist, ob die «Blick»-Journalisten jemals an den Inhalt glaubten. Denn die Quelle war für jeden Profi als dubios erkennbar. Und hätte «Blick» an die Berufsregel Nummer eins gedacht, wäre der Schwindel sofort aufgeflogen: Glaube nichts und niemandem, bevor du eine Nachricht nicht gegengecheckt hast.
Immerhin: «Blick»-Leser sind nicht dumm. Ein Albert Knoll kommentierte: «Komisch, dass dem Artikel aus einem Hongkonger Käseblatt so viel Glauben geschenkt wird. Wenn man sieht, wie viele Leute dieses Märchen für bare Münze nehmen, weiss man, wie Propaganda funktioniert.»
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