Seit Jahren steigen die Preise für Rheuma-Medikamente. Drei dieser Mittel, sogenannte TNF-Hemmer, zählen zu den umsatzstärksten Medikamenten der Schweiz. Grund für die Preisaufschläge: Die Nachfrage nimmt zu, weil Ärzte die teuren TNF-Hemmer immer häufiger verschreiben.
Rheumatoide Arthritis ist eine entzündliche Gelenkerkrankung. In der Schweiz leiden laut Bundesamt für Statistik rund 530 000 Personen daran.
Über 240 Millionen Franken Kosten für die Spitzenreiter
Die Nummer eins unter den Medikamenten gegen diese Krankheit ist Remicade. Laut dem Krankenkassenverband Santésuisse zahlten die Krankenkassen in der Grundversicherung im letzten Jahr dafür 92 Millionen Franken. Danach folgen Humira (91 Millionen Franken) und Enbrel (60 Millionen Franken).
TNF-Hemmer sind bis zu 250 Mal so teuer wie Basismedikamente
Forscher schreiben in der britischen Fachzeitschrift «British Medical Journal» (BMJ), es gebe «keinen klinisch bedeutsamen Unterschied in der Wirkung von TNF-Hemmern und den konventionellen Basismedikamenten Metoject und Imurek». Zu ähnlichen Schlüssen kommen Untersuchungen in der US-Fachzeitschrift «Arthritis & Rheumatology».
Der Preisunterschied zwischen Basismedikamenten und TNF-Hemmern ist enorm. Laut Ärzten kostet die Behandlung mit TNF-Hemmern bei einer Volldosierung zwischen 15 600 und 25 000 Franken pro Jahr. Eine entsprechende Behandlung mit Basismedikamenten dagegen kostet nur rund 100 bis 1000 Franken.
Daniel Tapernoux, Arzt bei der Stiftung SPO Patientenschutz, sagt: «Die Pharmaindustrie hat solche TNF-Hemmer massiv beworben und auch viele Studien finanziert.» Diese Bestrebungen haben laut Tapernoux dazu geführt, dass Ärzte immer mehr TNF-Hemmer verschreiben.
Ein Oberarzt am Zürcher Universitätsspital weist gegenüber saldo darauf hin, dass selbst Hausärzte TNF-Hemmer verschreiben. Gemäss dem Bundesamt für Gesundheit dürften dies aber nur Fachärzte. Dazu kommt: Die teuren Rheumamittel dürfen nur eingesetzt werden, wenn die Basismedikamente ungenügend wirken.
Für Ärzte lohnt es sich, Patienten mit TNF-Hemmern zu therapieren. Andreas Schiesser, Medikamentenexperte bei Santésuisse, berechnete, was die Abgabe des TNF-Hemmers Remicade bringt.
Für die Ärzte ist Remicade ein gutes Geschäft
Ein Arzt mit eigener Praxis verdient demnach an jeder Behandlung mindestens 450 Franken extra. Finanziell ist es für Ärzte von Vorteil, dass Remicade nicht als Tablette geschluckt, sondern als Infusion verabreicht wird. Die Infusion und das Überwachen des Patienten sind zeitintensiv und kostspielig. Falls der Arzt selbst Medikamente abgeben darf, verdient er auch noch am Medikamentenumsatz. Laut Schiessers Schätzungen sind das nochmals gut 140 Franken.