Der übermässige Einsatz von Antibiotika fördert Resistenzen. Das sagt das Bundesamt für Gesundheit. Sprich: Die Arzneien sind gegen bestimmte Bakterien nicht mehr wirksam. Im schlimmsten Fall sterben die Patienten.
«Viele Ärzte zielen mit einer Schrotflinte auf Keime – in der Hoffnung, zumindest etwas zu treffen. Stattdessen sollten sie ein Zielfernrohr verwenden», sagt Reinhard Zbinden, Präsident der eidgenössischen Fachkommission für biologische Sicherheit. Er schätzt, dass in der Schweiz bis zu 200 Patienten jährlich an Infektionen mit resistenten Bakterien sterben. Das Problem verschärfe sich mit jeder ungezielten Antibiotikatherapie.
Dabei gäbe es zur Vorbeugung von Resistenzen eine einfache Lösung: das Antibiogramm. Bei diesem Test nehmen die Ärzte dem Patienten bei Verdacht auf einen bakteriellen Infekt eine Blutprobe und schicken sie ins Labor. 48 Stunden später liegt der Befund vor. Dann weiss der Arzt, welches Antibiotikum am besten wirkt, und müsste kein Breitbandantibiotikum verabreichen. Denn genau diese tragen dazu bei, dass sich multiresistente Bakterien entwickeln und verbreiten können. «Das Antibiogramm führt zu einem gezielten und sparsamen Einsatz von Antibiotika», bestätigt Thomas Krech, Facharzt für labormedizinische Analytik in Kreuzlingen TG.
Patientenschützer Andreas Keusch aus Pfäffikon SZ plädiert dafür, dass jeder Arzt zuerst ein Antibiogramm erstellt und sich erst dann für ein Antibiotikum entscheidet. Der Berufsverband der Ärzte FMH befürwortet die Verordnung eines Antibiogramms in der Praxis – aber nur, wenn ein schwerer Infekt vorliegt oder der Patient auf eine gängige Antibiotikatherapie nicht anspricht. Im Spital werde immer ein Antibiogramm angefordert.
«Vielfach braucht es gar kein Antibiotikum»
Für Hausarzt Andreas Lischer aus Luzern sollten Ärzte und Patienten vor allem eines wissen: «Die meisten banalen Infektionen, insbesondere solche der Atemwege, brauchen kein oder nicht sofort ein Antibiotikum.»
Hansjakob Furrer, Direktor und Chefarzt der Universitätsklinik für Infektiologie am Inselspital Bern, arbeitet zurzeit an nationalen Richtlinien für die Verschreibung von Arzneimitteln. Dazu gehören auch Antibiotika. Seine Idee: Eine Internetplattform, die allen Hausärzten, Chirurgen und Internisten zur Verfügung steht. Dort sollten die Ärzte abrufen können, ob eine antibiotische Behandlung für den konkreten Fall sinnvoll ist, welches Präparat dafür am geeignetsten ist und wie lange eine Behandlung dauern sollte.
Tipps zum Thema Antibiotika
Fragen Sie Ihren Arzt, ob eine andere Behandlung als mit Antibiotika möglich und sinnvoll ist.
Falls nein: Fragen Sie, ob ein Antibiogramm zweckmässig wäre, um zu eruieren, welches Antibiotikum am besten wirkt.
Lassen Sie sich aufklären über unerwünschte Nebenwirkungen des Antibiotikums, mögliche Komplikationen oder Wechselwirkungen mit andern Arzneimitteln.
Ändern Sie die Dosis oder die Einnahmeintervalle des Antibiotikums nicht, ohne zuvor mit Ihrem Arzt Rücksprache genommen zu haben.
Treten während oder nach der Behandlung unerwünschte Arzneimittelwirkungen auf, die in der Patienteninformation nicht angemessen aufgelistet sind, veranlassen Sie Ihren Arzt, eine Nebenwirkungsmeldung zu machen. Falls er sich weigert, können Sie selber eine Meldung veranlassen. Das Formular ist zu finden unter: www.saldo.ch/dJ52bc.