Niemand muss sich die AHV-Rente ab dem Zeitpunkt der ordentlichen Pensionierung auszahlen lassen. Wer dann noch erwerbstätig ist oder aus andern Gründen das AHV-Geld nicht braucht, kann den Bezug der Rente aufschieben – bei der AHV maximal um fünf Jahre. Der spätere Bezug führt zu einer höheren Rente. Denn mit jedem Jahr Aufschub muss die AHV ein Jahr weniger lang Rente zahlen.
Eine 64-jährige Frau, die ihre Rente erst ab 65 will, erhält so lebenslang eine um 5,2 Prozent erhöhte Rente (siehe Tabelle im PDF). Das macht bei der Maximalrente immerhin jedes Jahr knapp 1500 Franken mehr aus. Bezieht sie das AHV-Geld erst ab 69, steigt ihre Rente sogar um 31,5 Prozent – knapp 9000 Franken jährlich. Unter dem Strich lohnt sich der Aufschub für Rentner, die überdurchschnittlich lang leben. Das heisst: Wer älter als 85 wird, profitiert in der Regel vom Aufschub.
69-Jährige verliert viel Geld wegen späterer Pensionierung
Anders in der 2. Säule. Dort regelt jede Pensionskasse selbst, um wie viel die Rente bei einem späteren Bezug steigt. Mehr noch: Der Aufschub kann sogar mit einem Verlust verbunden sein. Das erlebte eine Frau aus dem Kanton Zürich, die nach 64 weiterarbeitete und sich im laufenden Jahr im Alter von 69 Jahren pensionieren lässt. Auf ihrem Pensionskassenausweis, den sie am 29. Januar 2018 erhielt, war für die Pensionierung im Jahr 2019 eine Rente auf der Basis eines Umwandlungssatzes von 7,6 Prozent angegeben. Das hätte eine monatliche Rente von 4900 Franken ergeben.
Doch am 21. März teilte 2018 teilte ihre Pensionskasse Profond in einem Rundschreiben mit, dass sie die Umwandlungssätze senkt. Und dies selbst für Leute, die das ordentliche Rentenalter bereits erreicht und im Hinblick auf einen besseren Umwandlungssatz die Rente aufgeschoben hatten. Folge für die Zürcherin: Sie erhält nun eine Rente auf der Basis eines Umwandlungssatzes von 7,4 Prozent. Das ist gleich viel, wie wenn sie die Rente ein Jahr vorher bezogen hätte. Sie verliert somit unter dem Strich eine Jahresrente von rund 56 000 Franken. Um genau diesen Betrag profitiert die Profond. Sie schreibt dazu: «Eine Reduktion des Umwandlungssatzes ist rechtlich möglich.» In diesem Fall hätte eine frühere Pensionierung «möglicherweise in Betracht gezogen werden müssen».
Fazit: Für den optimalen Zeitpunkt des Bezugs der Pensionskassenrente gibts keine Faustregel. Er gleicht eher einer Lotterie. Deshalb gilt: Jeder Versicherte muss bei seiner Pensionskasse überprüfen, welcher Umwandlungssatz bei welchem Pensionsierungszeitpunkt gilt – und das Jahr für Jahr. Steigt die Rente bei einem Aufschub über das ordentliche Pensionsalter hinaus nicht, ist dies ein Verlustgeschäft. Steigt sie leicht, kann ein Aufschub unter dem Strich ein Vorteil sein. Dies aber nur dann, wenn jemand davon ausgeht, dass er sehr viel älter wird als der Durchschnitt. Die Rentenerhöhungen bei Aufschub der Pensionskassenrente sind durchwegs viel tiefer als bei der AHV.
Beispiele: Bei der Sammelstiftung der Pax erhält ein 65-Jähriger, der sich dieses Jahr pensionieren lässt, eine Rente auf der Basis eines Umwandlungssatzes im Überobligatorium von 5,239 Prozent. Wartet er noch drei Jahre mit dem Rentenbezug, erhält er deutlich weniger: 5,11 Prozent. Ist er nur im Rahmen des Obligatoriums versichert, steigt der Umwandlungssatz hingegen jedes Jahr um 0,15 Prozentpunkte. Bei der Vita-Stiftung der Zürich-Versicherungen würde der Umwandlungssatz pro Jahr Aufschub in den nächsten Jahren um rund 0,2 Prozentpunkte steigen. In diesem Bereich liegen viele Pensionskassen. Die Rentenerhöhung pro aufgeschobenes Jahr entspricht dann etwas über 2 Prozent. Zum Vergleich: Bei der AHV sind es über 5 Prozent.