Eine Städtereise steht an. Der Zug ist gebucht, noch fehlt eine Unterkunft. Man geht auf eine Buchungsplattform, gibt die Stadt ein und wählt die Anzahl Nächte und den Zeitraum aus. Innert Sekunden erscheinen unzählige Hotelangebote. Man klickt sich durch, vergleicht die Preise, reserviert – und muss dabei viele persönliche Daten preisgeben.
Noch mehr Daten sammeln Fluggesellschaften. Sie müssen seit Mai 2018 persönliche Informationen der Passagiere wie Namen, Kreditkartennummer, Reisedaten, Sitznummern, Gepäckangaben, Kontaktangaben und Essenswünsche den Polizeibehörden im EU-Zielland sowie nach Kanada und in die USA übermitteln. Die Daten werden auf Vorrat für sechs Monate gespeichert.
Klar ist, dass diese Informationen von den Unternehmen für eigene Marketingzwecke gebraucht werden. Zum Beispiel erscheinen nach einer gebuchten Reise nach Amsterdam beim Surfen im Internet noch Tage später Werbebanner mit entsprechenden Hotel- und Veranstaltungsangeboten. Zudem werden Daten weiterverkauft. «Wir teilen personenbezogene Daten, darunter Ihre E-Mail-Adresse, mit Werbepartnern als Teil der Vermarktung von Booking.com-Services über Dritte», schreibt etwa Booking.com.
«Der Datenschutz ist beim Reisen leider kaum zu verteidigen», bestätigt der Zürcher Anwalt Martin Steiger. Er ist auf digitales Recht spezialisiert. Wer zum Beispiel ein Flugzeug betrete, gerate sofort in die «gängige, anlasslose und verdachtsunabhängige Massenüberwachung von Reisenden». Natürlich versichern Behörden und Reiseportale, den Schutz der Privatsphäre zu respektieren. Bei Booking.com heisst es zum Beispiel im Kleingedruckten: «Der Schutz Ihrer Privatsphäre liegt uns am Herzen. Uns ist bewusst, dass in allen diesen Bestimmungen so etwas in dieser Art steht, aber wir meinen es aufrichtig.» Nur: Das ist eine Floskel.
Von Diätwünschen bis zur Religion
saldo hat die Bestimmungen zum Datenschutz der Internetreiseportale Booking.com, Tui.ch, Ebookers.ch, Kuoni.ch und LTur.com/ch unter die Lupe genommen. Die Neugierde ist enorm. Beispiele:
Tui: Der Reiseveranstalter erhebt medizinische Daten, Diätwünsche oder Informationen zur Religion oder zu körperlichen Beeinträchtigungen.
Booking.com: Die Buchungsplattform sammelt Daten über das Nutzerverhalten, etwa die Anzahl Mausklicks auf einer bestimmten Seite, die Mausbewegungen, die Scroll-Aktivität, die eingegebenen Suchbegriffe und den Text, den die Kunden in den jeweiligen Feldern eingeben. Booking.com greift auch auf die Liste der Kontakte auf Facebook zu, wenn sich jemand via dieses Netzwerk auf Booking.com registriert. Die Buchungsplattform schreibt dazu: «Wir bringen Ihre Freunde und Sie selbst mit den besten Reisezielen zusammen.»
Ebookers.ch: Das Portal weist darauf hin, dass die Server in den USA stehen und die Unternehmen und Drittdienstleister weltweit tätig sind. «Das bedeutet, dass wir die über Sie erhobenen Daten in jedem dieser Länder verarbeiten können.»
Kuoni: Der Reiseveranstalter arbeitet mit der russischen Firma Yandex zusammen. Diese analysiert, wie ein potenzieller Kunde die Kuoni-Website nutzt. Die Daten speichert das Unternehmen in Russland. Wer im Ausland alles auf die Server Zugriff hat, bleibt offen.
LTur: Wer auf der Website dieses Reiseveranstalters eine Unterseite besucht, auf welcher der Kartendienst Google Maps integriert ist, übermittelt automatisch Informationen wie die IP-Adresse seines Computers an Google in die USA, wo sie gespeichert werden. Google erstellt daraus ein Benutzerprofil, auch wenn man kein Konto bei Google besitzt.
Tipp: Wer Wert auf die Wahrung seiner Privatsphäre legt, sollte im Internet möglichst wenig persönliche Daten verbreiten, Hotels mit Bargeld statt Kreditkarte zahlen und nicht alle Leistungen (Flug, Hotel, Mietauto) am gleichen Ort buchen. Buchungsportale von Unternehmen, die ihren Sitz in der Europäischen Union haben, sind sicherer als andere. Die europäische Datenschutz-Grundverordnung gilt in diesen Fällen auch für Schweizer Bürger. Sie schützt Reisende besser als das schweizerische Datenschutzrecht. Wer wissen möchte, welche persönlichen Daten ein Reiseportal über ihn besitzt, kann die Herausgabe aller gespeicherten Daten verlangen.