Rechenzentren fressen Strom ohne Grenzen
In der Schweiz werden zurzeit zahlreiche neue Rechenzentren erstellt. Sie verbrauchen so viel Strom wie eine Kleinstadt. Vorschriften zur Energieeffizienz fehlen.
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saldo 06/2021
30.03.2021
Letzte Aktualisierung:
31.03.2021
Mirjam Fonti
Ende 2020 gab es in der Schweiz 93 Rechenzentren mit einer Fläche von 154 000 Quadratmetern. Das entspricht der Grösse von gut 20 Fussballfeldern. Nur in den Niederlanden gibt es im Verhältnis zur Bevölkerung noch mehr Gebäude mit Rechnern. Dies zeigt eine Studie des US-Immobilienunternehmens CBRE. Und der Boom hält an. Allein im Kanton Zürich werden zurzeit in Winterthur, Rümlang, Dielsdorf und Rafz neue Zentren gebaut.
Das P...
Ende 2020 gab es in der Schweiz 93 Rechenzentren mit einer Fläche von 154 000 Quadratmetern. Das entspricht der Grösse von gut 20 Fussballfeldern. Nur in den Niederlanden gibt es im Verhältnis zur Bevölkerung noch mehr Gebäude mit Rechnern. Dies zeigt eine Studie des US-Immobilienunternehmens CBRE. Und der Boom hält an. Allein im Kanton Zürich werden zurzeit in Winterthur, Rümlang, Dielsdorf und Rafz neue Zentren gebaut.
Das Problem: Die Rechenzentren brauchen sehr viel Strom. Schon vor sieben Jahren machten Serverräume und Rechenzentren laut dem Bundesamt für Energie drei Prozent des gesamten Stromverbrauchs in der Schweiz aus, rund 1700 Gigawattstunden pro Jahr. Das ist etwa gleich viel, wie die SBB pro Jahr für den Bahnbetrieb verbraucht. Heute ist es weit mehr. Konkrete Zahlen will das Bundesamt in den nächsten Wochen veröffentlichen.
Strom sparen sollen offenbar vor allem Privathaushalte und Unternehmen. Der Bund will allein im laufenden Jahr 50 Millionen Steuerfranken für Projekte ausgeben, die Stromsparmassnahmen fördern. Seit Jahren laufen Kampagnen, die den Haushalten zeigen, wie sie Strom sparen können – vom Trocknen der Wäsche im Freien bis zum Kochen mit Kochdeckeln.
Bundesamt für Energie schiebt die Verantwortung an die Kantone
Angesichts des Stromverbrauchs der Rechenzentren fragt sich, ob das Bundesamt den Hebel am richtigen Ort ansetzt. Ein neu entstehendes Rechenzentrum in Winterthur wird laut Angaben des Stadtwerks so viel Strom verbrauchen wie die halbe Stadt.
Vorschriften zum Stromverbrauch und zur Energieeffizienz gibt es für Rechenzentren bisher nicht. Das bestätigt das Bundesamt für Energie auf Anfrage von saldo. Es verweist auf die Kantone. Diese könnten in ihren Bauvorschriften Vorgaben zum Energieverbrauch machen. Das ist bis jetzt nicht der Fall.
Die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland schätzt, dass sich der Stromverbrauch in Rechenzentren um 50 Prozent reduzieren liesse. So könnte die Lufttemperatur statt auf 22 nur noch auf 27 Grad abgekühlt werden. Positiv würde sich auch die Nutzung von Abwärme auswirken. Doch in der Schweiz fehlen entsprechende Vorschriften: Stromsparen beruht für die Rechenzentren auf Freiwilligkeit.