Rauchstopp: Am besten klappts ohne Hilfsmittel
Nikotinersatz, Pillen, Akupunktur: Solche Mittel sollen beim Rauchstopp helfen. Aber: Drei von vier Rauchern schaffen es auch ganz allein. Das zeigt ein Vergleich zahlreicher Studien.
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saldo 08/2010
25.04.2010
Letzte Aktualisierung:
27.04.2010
Eric Breitinger
Die erfolgreichste Methode, mit dem Rauchen aufzuhören, ist der kalte Entzug – ganz ohne Hilfsmittel. Diesen Schluss ziehen die australischen Gesundheitsexperten Simon Chapman und Ross Mackenzie in einer neuen Übersichtsstudie, für die sie 511 Untersuchungen zum Rauchstopp analysiert hatten. Das Ergebnis: Bis drei Viertel der Ex-Raucher kamen ohne Medikamente und ohne Beratung dauerhaft vom Glimmstängel los.
Dieses Resultat bestätigt auch eine ...
Die erfolgreichste Methode, mit dem Rauchen aufzuhören, ist der kalte Entzug – ganz ohne Hilfsmittel. Diesen Schluss ziehen die australischen Gesundheitsexperten Simon Chapman und Ross Mackenzie in einer neuen Übersichtsstudie, für die sie 511 Untersuchungen zum Rauchstopp analysiert hatten. Das Ergebnis: Bis drei Viertel der Ex-Raucher kamen ohne Medikamente und ohne Beratung dauerhaft vom Glimmstängel los.
Dieses Resultat bestätigt auch eine aktuelle US-Studie zum Thema: Demnach führt der Rauchstopp auf eigene Faust doppelt so oft zum Erfolg wie assistierte, geplante Versuche. In Studien bezeichneten laut den Forschern viele Ex-Raucher das Aufhören «als weniger traumatisch als angenommen». Gemäss einer älteren britischen Studie war es für 53 Prozent der befragten Ex-Raucher «gar nicht schwierig», ohne Zigaretten auszukommen, für 27 Prozent war es nur «mässig schwierig».
In den Medien wird jedoch oft das Gegenteil behauptet. «Nur zwei von hundert Rauchern können ohne Hilfe aufhören», titelte zum Beispiel jüngst der Zürcher «Tages-Anzeiger» und widmete einer neuen medikamentös unterstützten Entwöhnungstherapie eine halbe Seite.
Therapeutische Mittel werden überschätzt
Ein Psychiater durfte dort berichten, dass dank seines Programms «20 bis 50 Prozent der Teilnehmer dauerhaft aufhören». Mit Hilfe von Akupunktur oder Beratung durch den Hausarzt schafften das nur 3 bis 5 Prozent, ohne Hilfe nur 2 Prozent. Das sei «wissenschaftlich erwiesen», behauptete der «Tages-Anzeiger».
Das ist kein Einzelfall: Laut Chapman und Mackenzie dominiert in der wissenschaftlichen Literatur und in der öffentlichen Meinung die Überzeugung, dass es für Raucher sehr schwer ist, ohne therapeutische Hilfe und Medikamente von der Sucht loszukommen.
Klinische Studien bescheinigen assistierten Rauchstopp-Verfahren 50 bis 70 Prozent mehr Erfolg als Versuchen ohne Hilfe. Die beiden Forscher halten diese Ergebnisse jedoch für verzerrt, da sie auf Tests im Labor beruhten und nicht auf Erfahrungen im Alltag. Die Überbewertung der assistierten Nikotinentwöhnung er-klären sie sich auch damit, dass 91 Prozent der 511 Studien solche Verfahren untersuchten. Fast alle Studien waren von Pharmafirmen finanziert, die Mittel gegen Entzugssymptome anbieten.
Viele Raucher lassen sich zu leicht entmutigen
Für eine bessere Erforschung des Rauchstopps auf eigene Faust fehlen laut Chapman und Mackenzie aber die Finanziers. Ihr Fazit: «Die Forschung gehorcht dem Geld.» Das habe negative Konsequenzen. So überschätzen laut den Forschern viele aufhörwillige Raucher die Schwierigkeit, von der Sucht loszukommen. Sie liessen sich durch Fehlschläge leicht entmutigen und rauchten weiter.
Für Verena El Fehri, Geschäftsleiterin der vom Bund finanzierten «Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention», kritisiert die neue Studie zu Recht die überzogenen Erwartungen an die medikamentöse Nikotinentwöhnung: «Nur Pillen einzuwerfen und zu glauben, jetzt klappt es, reicht nicht.»
Dass Programme, die auf die Eigenverantwortung der Raucher setzen, einen grossen Effekt haben können, zeigt auch der Rauchstopp-Wettbewerb 2009: Wie die Arbeitsgemeinschaft Tabakprävention kürzlich mitteilte, hielten 64 Prozent der 2300 Teilnehmer die vierwöchige Rauchpause ein, 33 Prozent waren auch sechs Monate später noch rauchfrei.