Es müssen nicht immer Pommes-Chips sein. Es gibt auch Gemüse-Chips aus Zutaten wie Mais, Randen oder Grünkohl. In einigen Produkten stecken mehrere Gemüsesorten. Doch je mehr Sorten eine Packung enthält, desto ungesünder sind die Chips. Zu diesem überraschenden Ergebnis kam der Test von saldo und «Kassensturz». Das Labor LUFA-ITL in Kiel (D) hat 20 Chips geprüft, darunter 5 Gemüsemischungen. Die Experten untersuchten den Gehalt der Schadstoffe Acrylamid und Nitrat sowie den Anteil an Fett, Zucker und Salz. Auch im Fokus: der Geschmacksverstärker Glutamat (siehe unten «So wurde getestet»).
Viele Leute glauben, Gemüse-Chips seien gesünder als Pommes-Chips. Deshalb kamen zum Vergleich auch die «Zweifel Paprika Original Chips» ins Labor. Sie schnitten im Kartoffelchips-Test des «K-Tipp» vor zwei Jahren am besten ab («K-Tipp» 3/2016).
Pommes-Chips sind gesünder als Gemüsemischungen
Testresultat: Jedes dritte Produkt ist ungenügend – darunter sind alle fünf Gemüsemischungen. Die meisten bestehen aus Randen, Pastinaken, Rüebli und Süsskartoffeln.
In den Gemüsemischungen von Lidl, Coop und der niederländischen Bio-Marke De Rit fand das Labor grosse Mengen Acrylamid. Der Stoff entsteht vor allem beim Bräunen von stärkehaltigen Lebensmitteln und gilt als wahrscheinlich krebserregend. Die drei Produkte enthielten zwischen 1490 und 1600 Mikrogramm pro Kilogramm (μg/kg) Acrylamid. Das ist doppelt so viel wie der EU-Richtwert von 750 μg/kg für Kartoffel-Chips, den saldo zum Vergleich heranzog. Einen Wert für Gemüse-Chips gibt es nicht.
Das Labor fand auch viel Nitrat. Der Schadstoff gelangt über den Boden ins Gemüse. In 100 Gramm «Coop Fine Food Vegetable Chips» und «Kettle Veg Chips Honey & Black Pepper» steckten je 280 Milligramm Nitrat. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sollte eine 60 Kilogramm schwere Person nicht mehr als 220 Milligramm Nitrat pro Tag zu sich nehmen.
Die Gemüsemischungen sind überaus fettig. 100 Gramm enthalten 34 bis 41 Gramm Fett – mehr als eine gewöhnliche Tafel Milchschokolade. Für Hüftspeck sorgt auch der Zuckergehalt von 23 bis 34 Gramm pro 100 Gramm Chips. Selbst zwei Kugeln Vanilleglace haben weniger Zucker.
Klar besser als die Mischungen kommen die Pommes-Chips von Zweifel weg. Mit der Gesamtnote 4,8 sind sie «gut». Sie bestehen zu rund einem Viertel aus Fett, sind damit aber immer noch besser als 13 Gemüse-Chips. Auch beim Zuckergehalt schnitt das Kartoffelprodukt besser als die Mischungen ab.
Am wenigsten Fett haben die luftgetrockneten «Tomaten Chips mediterran» der Marke Dörrwerk. 100 Gramm enthalten nicht mal 3 Gramm Fett. Tomaten enthalten aber von Natur aus viel Zucker. Der Anteil von 34 Gramm Zucker pro 100 Gramm Chips ergibt die Teilnote 2,5. Dazu kommt: 100 Gramm Tomaten-Chips kosten fast 20 Franken.
Zum Teil doppelt so viel Fett wie deklariert
Als Gewinner gehen die Tortilla-Chips aus dem Rennen hervor. Vier von fünf Produkten waren im Test «gut». Die Mais-Chips enthalten geringe Mengen Acrylamid und wenig Nitrat. 100 Gramm Tortillas der Marken M-Classic, Old El Paso und Globus sind zuckerarm (1 bis 2 g). Das Globus-Produkt fällt mit dem zweitniedrigsten Fettgehalt (19 g) im Test auf.
Testsieger sind die «M-Classic Barbecue Tortilla Chips» – das günstigste Produkt im Test. Noch besser wären die «Chili Tortilla Chips» von Globus. Die Migros-Tochter publiziert aber keine Nährwerte auf der Verpackung. Das gab 0,5 Noten Abzug. Andere Hersteller geben die Nährwerte an – doch oft ungenau. Die «Heimatgut Wirsing Chips Italian Herb» enthalten laut Verpackung 9,2 Gramm Fett pro 100 Gramm Chips. Das Labor fand 22 Gramm – gut doppelt so viel.
Mit Notenabzug bestraft wurden zudem fünf Produkte mit auffallend viel Glutamat, darunter zwei Zweifel-Chips aus Mais. Wer auf den Geschmacksverstärker empfindlich ist, sollte diese Produkte meiden.
Hersteller De Rit schreibt, dass er selbst in Tests klar weniger Acrylamid gemessen habe. Lidl ist vom Acrylamidgehalt überrascht. Zum Nitrat schreibt der Discounter: «Während des Frittierprozesses verliert das Gemüse Wasser, dadurch konzentrieren sich Inhaltsstoffe wie Zucker und Nitrat.»
Laut Coop enthält das Gemüse für die Fine-Food-Chips «natürlicherweise hohe Zuckergehalte». Auch Dörrwerk erklärt, dass der Zucker in den Tomatenchips «dem natürlichen Zuckergehalt der Tomaten entspricht». Das gelte auch für die Glutaminsäure. Die Migros dagegen zuckert die «Royal Chips Swiss Roots» auf: Von den 33 Gramm Zucker pro 100 Gramm Chips stammen 22 Gramm aus Glukosesirup. Auch Kettle greift «für den Geschmack» zu Zucker und Honig.
Zweifel schreibt, das Glutamat stamme aus dem deklarierten Hefeextrakt und Geschmacksverstärker. Globus verspricht, die fehlenden Nährwerte auf der Verpackung zu deklarieren.
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Vorsicht vor Acrylamid: Nicht zu heiss backen!
Wie gesund sind Gemüse-Chips, wenn man sie selber macht? Das Chemische Untersuchungsamt Stuttgart führte Backversuche durch.
Die Experten schnitten rohe Süsskartoffeln, Rüebli und Randen in 1 bis 3 Millimeter dicke Scheiben und würzten sie mit Speiseöl und Salz. Anschliessend kamen die Gemüsescheiben für 50 Minuten in den Ofen. Die Backofentür blieb leicht offen, damit der Wasserdampf entweichen konnte und die Chips schön knusprig wurden.
Resultat: Bei 140 Grad Backtemperatur lag der Acrylamidgehalt bei den Süsskartoffeln und Karotten am Ende der Backzeit weit über dem EU-Richtwert für Kartoffelchips (750 μg/kg). Bei Randen wurde dieser Wert bei 150 Grad überschritten. Bei einer Backtemperatur von 180 Grad wiesen alle Gemüse deutlich zu viel Acrylamid auf.
Tipps:
Um den Acrylamidgehalt tief zu halten, Temperatur und Backzeit der Gemüsesorte anpassen. Karotten und Süsskartoffeln sind besonders heikel (30 bis 40 Minuten bei 130 Grad). Randen vertragen etwas mehr (50 Minuten bei 140 Grad).
Mit niedrigeren Temperaturen und tiefen Backzeiten starten. Zwischendurch probieren, ob das Produkt schon knusprig ist.
180 Grad sind auch bei kurzer Backzeit deutlich zu heiss.
Finger weg von sehr dunklen Gemüse-Chips mit zu viel Röstgeschmack!
So wurde getestet
Das Labor LUFA-ITL GmbH der Agrolab-Gruppe in Kiel (D) testete für saldo und «Kassensturz» 20 Gemüsechips. Zum Vergleich mitgetestet wurden die «Zweifel Paprika Original Chips», Testsieger im Kartoffel-Chips-Test von «K-Tipp» (3/2016).
Die Kriterien:
Acrylamid: Entsteht beim Erhitzen von stärkehaltigen Lebensmitteln wie Kartoffeln. Der Stoff bildet sich bei der Bräunung: je verkohlter ein Produkt, desto mehr Acrylamid. Laut Bundesamt für Lebensmittelsicherheit ist Acylamid für Menschen «wahrscheinlich krebserregend». Bei Labortieren wirkte die Substanz nervenschädigend. Der EU-Richtwert für Acrylamid liegt für Kartoffel-Chips bei 750 Mikrogramm pro Kilogramm (μg/kg). Chips mit mehr Acrylamid erhielten im saldo-Test eine ungenügende Teilnote. Einen Richtwert für Gemüse-Chips gibt es nicht.
Nitrat: Der Schadstoff gelangt aus dem Boden ins Gemüse. Je nach Sorte speichert es unterschiedlich viel Nitrat. Nitrat kann sich im Lebensmittel und im Körper in Nitrit umwandeln. Die entstehenden Verbindungen waren in Tierversuchen krebserregend. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat den Grenzwert bei 3,65 Milligramm Nitrat pro Kilogramm Körpergewicht und Tag festgesetzt. Beispiel: Eine 60 Kilogramm schwere Person sollte nicht mehr als 219 Milligramm (mg) Nitrat pro Tag aufnehmen. Für Produkte, die mehr als die Hälfte dieser Menge aufwiesen, gab es eine ungenügende Teilnote.
Glutamat: Ist die Sammelbezeichnung für L-Glutaminsäure und ihre Salze. Als Geschmacksverstärker (E 620–625) werden sie vor allem in Fertignahrungs- und Würzmitteln eingesetzt. Glutamat verursacht bei empfindlichen Personen Juckreiz im Halsbereich, Hitze- und Engegefühl, gerötete Hautpartien, Herzklopfen sowie Kopf- und Gliederschmerzen.
Nährwertangaben: Stimmen die Nährwerte auf den Chips-Verpackungen? Enthielten die Produkte mehr als einen Drittel Fett, Salz oder Zucker als deklariert, gab es 0,2 Noten Abzug.