Der 53-jährige Oskar Uhlmann (Name geändert) aus dem Kanton Bern setzt bei langfristigen Anlagen auf Aktien. Er investierte sein 3a-Vorsorgevermögen bei der Raiffeisenbank vor Jahren in einen Fonds mit einem Aktienanteil von rund 45 Prozent.
Inzwischen bieten Banken Vorsorgefonds mit höheren Aktienanteilen an – Postfinance etwa einen solchen mit 75 Prozent Aktien. Uhlmann entschied, vom Raiffeisen- auf diesen Postfinance-Fonds umzusteigen. Er kündigte deshalb den Vertrag mit Raiffeisen und beauftragte die Vorsorgestiftung schriftlich, sein Säule-3a-Guthaben an die Postfinance zu übertragen.
Raiffeisen musste die Fondsanteile veräussern, um den Auftrag ausführen zu können. Der zuständige Mitarbeiter erteilte den Verkaufsauftrag nach einer telefonischen Rücksprache mit Uhlmann per sofort – ohne dass über den Zeitpunkt des Verkaufs gesprochen worden wäre. Der Verkaufserlös von gut 80 000 Franken blieb wegen der Kündigungsfrist jedoch noch einen Monat bei der Raiffeisenbank blockiert.
Uhlmann fühlte sich um den Ertrag geprellt, den sein Vermögen erzielt hätte, wäre es 30 weitere Tage im Fonds investiert geblieben. Er machte geltend, dass die Bank seine Anteile erst am Ende der Kündigungsfrist hätte verkaufen sollen. Andernfalls hätte Raiffeisen das Geld unmittelbar nach dem Verkauf der Fondsanteile an Postfinance überweisen sollen. Uhlmann verlangte von der Raiffeisenbank Schadenersatz für den entgangenen Gewinn – insgesamt Fr. 368.80.
Verkaufstermin in Reglement eindeutig definiert
Doch die Bank lehnte ab. Sie schreibt, dass Wertschriftenfonds Kursschwankungen unterliegen. Um jegliche Kursrisiken auszuschliessen, habe man den Verkaufsauftrag sofort ausgeführt. Auch habe die Bank die Transaktion nach den Grundsätzen des Vorsorgereglements durchgeführt. Doch das stimmt nicht. Artikel 12 des Reglements hält fest: «Sind bei Fälligkeit wertschriftengebundene Vermögensanlagen vorhanden, veräussert die Stiftung die Anlagen umgehend zu dem zum Veräusserungszeitpunkt geltenden Kurswert.» Fällig war die Überweisung also erst am letzten Tag der Kündigungsfrist. Sprich: Die Bank hat die Fonds zu früh verkauft.
Uhlmann wandte sich an saldo. Mit der Angelegenheit konfrontiert, antwortete die Sprecherin der Bank: «Die Rücknahme der Fondsanteile erfolgt im Auftrag und in Absprache mit dem Kunden.» Grundsätzlich stehe es dem Kunden frei, ob er die Rücknahme vor Ablauf der Kündigungsfrist machen möchte oder erst auf die entsprechende Fälligkeit nach Ablauf der Kündigungsfrist. Im vorliegenden Fall erteilte der Mitarbeiter von Raiffeisen den Verkaufsauftrag aber ohne Absprache mit dem Kunden.
Rechtlich massgebend ist der Vertrag. Ablaufdatum ist der Tag, auf den der Vertrag gekündigt wird. So lange ist die Vorsorgestiftung beauftragt, die Fondsanteile zu verwahren. Erst dann darf sie diese versilbern. Stephan Heiniger, Leiter der saldo-Rechtsberatung: «Wenn Raiffeisen den Vertrag verletzt und dem Kunden dadurch ein Schaden entsteht, wird die Bank schadenersatzpflichtig.»
Mit dieser Einschätzung konfrontiert, lenkte die Bank halbherzig ein. Sie bot Uhlmann «ausnahmsweise aus Kulanz» eine Entschädigung von Fr. 184.30 an. Das ist die Hälfte des geforderten Betrags. Uhlmann akzeptierte das Angebot «als nette Geste», bleibt aber dabei: «Es ist klar, dass die Bank nicht in meinem Interesse gehandelt hat.»