PSA-Test: Häufiger Fehlalarm
Der PSA-Test soll Prostatakrebs im Frühstadium nachweisen. Doch in der Praxis kommt es zu vielen Fehldiagnosen und unnötigen Behandlungen.
Inhalt
saldo 15/2010
25.09.2010
Letzte Aktualisierung:
28.09.2010
Eric Breitinger
PSA-Bluttests helfen laut den Herstellern, den bei Männern häufig vorkommenden Prostatakrebs früh zu erkennen. Doch Experten wie Oliver Senn vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Zürich warnen: «PSA-Tests werden in der Schweiz viel zu oft angewendet». Gemäss neuen Studien lösen die Vorsorgetests oft falschen Alarm aus. Ihr Nutzen bei der Vorsorge ist umstritten.
Der PSA-Test misst den Gehalt des von der Prostatadr&...
PSA-Bluttests helfen laut den Herstellern, den bei Männern häufig vorkommenden Prostatakrebs früh zu erkennen. Doch Experten wie Oliver Senn vom Institut für Hausarztmedizin der Universität Zürich warnen: «PSA-Tests werden in der Schweiz viel zu oft angewendet». Gemäss neuen Studien lösen die Vorsorgetests oft falschen Alarm aus. Ihr Nutzen bei der Vorsorge ist umstritten.
Der PSA-Test misst den Gehalt des von der Prostatadrüse ausgeschiedenen Eiweisses PSA. Stellt man mehr als vier Nanogramm PSA pro Milliliter Blut fest, ist dies ein Hinweis auf einen Tumor, sagen die Testhersteller.
Dabei kann ein hoher PSA-Wert auch an einer Entzündung der Prostata, einer gutartigen Vergrösserung oder etwa einer Reizung nach einer Velotour liegen. Laut einer europäischen Studie von 2009 litt nur einer von vier Männern, bei denen der Test zu viel PSA im Blut feststellte, tatsächlich an Prostatakrebs.
Andererseits führt der PSA-Test zu vielen unnötigen, aber schmerzhaften Behandlungen. Denn die Tests spüren oft ungefährliche Tumore auf. Laut Studien haben in der Schweiz 25? Prozent der 65- bis 70-Jährigen Prostatakrebs, aber nur 3? Prozent von ihnen sterben am Tumor.
Experte Senn erklärt: «Der entdeckte Tumor wächst oft sehr langsam und verursacht bei den meisten Männern zu Lebzeiten keine wesentlichen Beschwerden.»
Prostataentfernung führt oft zu Impotenz
Viele Männer lassen sich dennoch behandeln. Die operative Entfernung der Prostata führt aber bei bis zu 80? Prozent der Patienten zu Impotenz, bei 20?Prozent zu Inkontinenz. Unterm Strich haben PSA-Tests höchstens einen geringen Nutzen bei der Früherkennung. Gemäss einer US-Studie von 2009 retten sie statistisch gesehen keinem einzigen Mann das Leben.
Selbst der PSA-Entdecker Richard Ablin bezeichnete den inflationären Gebrauch dieser Tests in der «New York Times» jüngst als «profitgetriebene Katastrophe für das Gesundheitswesen». Der US-Forscher forderte, «den unangemessenen Einsatz von PSA-Tests» zu stoppen: «Das würde Milliarden Dollar sparen und Millionen Männer vor unnötigen und beeinträchtigenden Behandlungen bewahren.»
Laut Oliver Senn von der Uni Zürich nehmen sich Hausärzte oft nicht die Zeit, die Patienten intensiv über die Risiken des PSA-Tests zu informieren: «Viele Ärzte haben Angst, ihre Patienten zu verlieren, wenn sie den Test nicht machen.» Dabei könnten sie, wie US-Studien belegen, durch gezielte Aufklärung jeden zweiten Patienten vom Wunsch nach einem PSA-Test abbringen.