Einkaufen, E-Banking oder das Ausfüllen der Steuererklärung: Viele Leute wickeln Geschäfte übers Internet ab. Doch das birgt Gefahren. Betrüger erschleichen sich mit gefälschten E-Mails Kontodaten und Passwörter von gutgläubigen Personen. Damit können sie Banküberweisungen tätigen oder die Kreditkarte missbrauchen.
Mit einem neuen elektronischen Identitätsnachweis (E-ID) sollen solche Risiken in Zukunft reduziert werden. Das Parlament erliess im September dazu ein neues Gesetz. Die E-ID soll garantieren, dass die Person, die im Internet ein Geschäft abwickelt, identifizierbar ist.
Insgesamt gibt es drei Sicherheitsniveaus. Je höher das Niveau, desto mehr Daten muss der Benutzer zur Identifikation liefern. Beim niedrigsten Sicherheitsniveau umfasst die E-ID Registrierungsnummer, Name und Geburtsdatum. Beim zweithöchsten Niveau kommen Geschlecht, Geburtsort und Staatsangehörigkeit hinzu. Bei der höchsten Stufe enthält der elektronische Identitätsnachweis auch das Gesichtsbild.
Wickelt jemand dann im Internet ein Geschäft ab, wird seine Identität mit den Daten der E-ID geprüft. Das soll nach dem Willen des Parlaments eine private Firma erledigen. Diese gleicht die Daten der E-ID mit denjenigen ab, die bei der neugeschaffenen Identitätsstelle des Bundes hinterlegt sind. Bestätigt diese die Gültigkeit der E-ID, kann das Geschäft vollzogen werden. Damit wird dem anderen Vertragspartner mitgeteilt, dass der Absender identifiziert ist.
Geht es nach Bundesrat und Parlament, sollen die Benutzer der E-ID für die Überprüfung ihrer Identität nichts bezahlen müssen. Allerdings steht das nicht im Gesetz. Das private Unternehmen, über das die E-ID abgewickelt werden soll, finanziert sich durch Gebühren, welche die Internethändler für die Identifizierung mittels E-ID bezahlen. Von diesen Einnahmen muss das Unternehmen einen Teil an die Bundeskasse abgeben.
«An die Stelle des Passbüros treten Grossbanken»
Doch gegen dieses Projekt regt sich Widerstand. Die gemeinnützige Organisation «Digitale Gesellschaft» kritisiert die Delegation der E-ID an ein privates Unternehmen. Gemeinsam mit anderen Gruppierungen wie zum Beispiel Grundrechte.ch oder der Demokratieplattform WeCollect hat sie das Referendum ergriffen. Der Staat verabschiede sich mit dem neuen Gesetz von einer staatlichen Kernaufgabe, argumentiert das Komitee. «An die Stelle des staatlichen Passbüros treten Grossbanken, Versicherungsgesellschaften und staatsnahe Konzerne.»
Diese Befürchtung ist nicht unbegründet. Zurzeit gibt es mit der SwissSign Group AG nur ein Unternehmen, das diese Aufgabe übernehmen könnte. Sie gibt die umstrittene Swiss-ID heraus, die heute vor allem die SBB (Swisspass) und die Post (Login) verwenden. Aktionäre der Swiss-Sign Group sind unter anderem die Grossbanken Credit Suisse und UBS, die Versicherungen CSS, Helvetia und Swiss Life sowie die Bundesbetriebe SBB, Post und Swisscom.
Laut Gesetz darf Swiss-Sign die Daten nicht auswerten oder verkaufen. Die Firma wüsste, wer sich wann und bei welchem Internetdienst einloggt, nicht aber, ob und was ein Nutzer bestellt habe, sagt Thomas Kläusli von Swiss-Sign. Das Unternehmen müsse die Daten nach sechs Monaten löschen und dürfte sie nicht auswerten.
Dänemark: Daten nicht mehr unter Kontrolle
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass die Schweiz ein Sonderfall wäre, wenn das Gesetz in Kraft träte. In fast allen EU-Ländern können die Bürger auswählen, ob sie einen von privater oder staatlicher Seite ausgestellten elektronischen Identitätsnachweis beantragen wollen. Nur Grossbritannien und Dänemark haben ähnliche Modelle wie die Schweiz. In Dänemark ging der Staat mit der privaten Firma Nets eine Zweckgemeinschaft ein. Im März 2014 kauften US-amerikanische Investoren das Unternehmen. Industrieminister Henrik Sass Larsen räumte daraufhin ein, es sei möglich, dass die USA so an heikle persönliche Daten der Dänen gelangen könnten.
Privat oder staatlich? Das letzte Wort dürften in der Schweiz die Stimmbürger haben. Die Chancen der Gegner stehen nicht schlecht. Gemäss einer repräsentativen Umfrage der Universität Zürich bei 1004 Personen sprechen sich 87 Prozent dafür aus, dass der Staat die E-ID herausgeben soll.