Der Cholesterinsenker Ezetrol ist ein Kassenhit. Dem US-Pharmamulti MSD beschert er seit 2003 Milliardeneinnahmen. Seit ein paar Monaten gibt es günstigere Nachahmerprodukte, auch von MSD selbst. Damit wehrt sich der Pharmakonzern gegen die Generikakonkurrenz.
Der Cholesterinsenker Ezetrol wird mit einem anderen Cholesterinmittel verschrieben. Die Kombination soll den Blutfettwert zusätzlich senken und das Risiko für Herzinfarkte und Hirnschläge reduzieren.
2015 legte eine Studie des Konzerns offen, dass Ezetrol als Zusatzmedikament nutzlos ist (siehe Unten). Trotzdem gaben die Schweizer Krankenkassen für Ezetrol allein 2017 rund 20 Millionen Franken aus. Das Bundesamt für Gesundheit erachtet Ezetrol als Zusatzmedikament für Hochrisikopatienten «weiterhin als wirksam, zweckmässig und wirtschaftlich».
Bereits 1991 hatte MSD den Cholesterinsenker Zocor auf den Markt gebracht. Seine Wirkung ist unbestritten. Als der Patentschutz von Zocor ablief, brachte MSD im Jahr 2006 ein drittes Cholesterinmittel auf den Markt – Inegy. Inegy enthält den gleichen Wirkstoff wie Zocor plus den Wirkstoff von Ezetrol. Das heisst, MSD mischte einfach zwei alte Wirkstoffe zu einer neuen Tablette. Trotzdem bekam Inegy einen neuen Patentschutz. Dazu kommt: Es ist doppelt so teuer wie Zocor, ohne dass es besser wirkt.
Prämienzahler könnten pro Jahr 31 Millionen Franken sparen
Die Lancierung solch scheinbar neuer Medikamente nennt man Evergreening. Ziel ist es, bei einem Medikament die Patentlaufzeit zu verlängern, die nach zwanzig Jahren zu Ende geht. Am meisten verdienen Pharmakonzerne, wenn ihre Arzneimittel unter Patentschutz stehen. In dieser Zeit erzielen sie Monopolpreise. Kein Generikahersteller darf sie mit günstigeren Nachahmerprodukten konkurrenzieren.
Würde das Bundesamt für Gesundheit die Nutzlosigkeit von Ezetrol und den Wirkstoff von Ezetrol in Inegy anerkennen, müssten die Krankenkassen die Medikamente nicht mehr bezahlen. Die Prämienzahler hätten so 2017 rund 31 Millionen Franken gespart – nicht eingerechnet die Ausgaben für die ebenso nutzlosen Nachahmerprodukte.
Studie belegt den geringen Nutzen von Ezetrol
Nach jahrelanger Verzögerung veröffentlichte der US- Pharmakonzern MSD 2015 eine Studie, die den Nutzen von Ezetrol belegt. Ezetrol senkt als Zusatzmedikament den Cholesterinwert. Das verhindert Herzinfarkte. Nur: Der Pharmakonzern brauchte für die Studie 18 000 Patienten. Allein wegen dieser hohen Zahl von Studienteilnehmern konnte überhaupt ein Nutzen nachgewiesen werden.
Doch dieser ist gering. Denn um einen einzigen Herzinfarkt zu verhindern, müssen 50 Patienten sieben Jahre lang jeden Tag Ezetrol einnehmen. Bei einer Tablette pro Tag (Kosten Fr. 1.58) macht das über 200 000 Franken.
Und, noch gravierender: Die Anzahl Todesfälle ging mit diesem Medikament nicht zurück. Die Patienten starben ebenso häufig – mit oder ohne Ezetrol.
Ezetrol ist also unwirtschaftlich und nutzlos, weil es keinen einzigen Todesfall verhindert. Trotzdem müssen es die Krankenkassen bezahlen.