Die Post will ab 2028 nur noch 600 Poststellen in der Schweiz betreiben. 170 Filialen müssen also schliessen. Das gab das Bundesunternehmen Ende Mai bekannt. Im Juli will es mitteilen, welche Filialen betroffen sind.
Die Post baut seit 20 Jahren ihr Netz ungebremst ab: 2001 behauptete der damalige Post-Chef Ulrich Gygi, man müsse die Poststellen von 3370 auf 2500 reduzieren, um «zukunftsfähig» zu sein. Heute verantwortet der frühere Gewerkschafter und SP-Präsident Christian Levrat den Abbau mit. Seit seinem Antritt als Verwaltungsratspräsident im Dezember 2021 schloss die Post 35 Filialen für immer.
Das Argument der Post-Manager für den weiteren Abbau: Kunden würden Postgeschäfte lieber im Internet erledigen als am Schalter. Post-Chef Roberto Cirillo sagte in Interviews, seit 2019 sei die Zahl der Schaltergeschäfte um einen Drittel gesunken.
Doch die Poststellen sind nach wie vor sehr gefragt. Das ist aus der Zahl der Schaltergeschäfte pro Poststelle ersichtlich. Im Jahr 2019 verzeichnete die Post rund 115'000 Geschäfte pro Poststelle. 2023 waren es noch immer fast 100'000. Die hohen Kundenzahlen lassen sich auch an den oft langen Wartezeiten ablesen: Bei einer Stichprobe wartete saldo bis zu 20 Minuten an Postschaltern (saldo 16/2022).
Seit 2019 schloss die Post 211 von 981 Poststellen – das ist fast jede vierte Filiale. Der Weg zur nächsten Poststelle wurde für viele Kunden also länger. Hinzu kommt: Die Post verkürzte bei den verbliebenen Filialen oft die Öffnungszeiten. Allein im letzten Jahr kürzte sie bei 14 der 100 grössten Filialen in Kleinstädten die Wochenöffnungszeit um bis zu 18 Stunden (saldo 6/2024). Mit solchen Massnahmen will die Post die Kunden ins Internet zwingen.
Post treibt Kunden von den Schaltern weg
Die Post schwächt ihre Filialen bewusst. Kunden bezahlen schon seit über zehn Jahren mehr, wenn sie Geschäfte am Postschalter erledigen statt im Internet. Einzelne Geschäfte sind am Schalter mehr als doppelt so teuer. So kostet das Umleiten von Briefen an eine andere Adresse am Schalter 22 Franken, im Internet 10 Franken. Das Nachsenden von Post für ein Jahr kostet am Schalter 57 Franken, im Internet 45 Franken. Und für jedes Päckli zahlen Schalterkunden Fr. 1.50 mehr als Internetbenutzer.
Auch die Zahlen zu Verlusten der Post sind mit Vorsicht zu geniessen: Post-Chef Cirillo gab in Interviews an, das Poststellennetz habe 2023 mehr als 90 Millionen Franken Verlust gemacht. Aber: Die Post rechnet die Filialen künstlich schlecht. So ordnet die Post etwa Gewinne aus dem Versand aufgegebener Pakete nicht den Schaltern zu, sondern der separaten Sparte Logistik-Services.
Die in den Finanzberichten ausgewiesenen Gewinnzahlen zeigen: Das Geschäft mit Paketen und Briefen war zuletzt mit Gewinnen in dreistelliger Millionenhöhe hochprofitabel. 2023 betrug der Gewinn 335 Millionen Franken, in den Vorjahren lag er bei 358 und 465 Millionen Franken. Insgesamt machte die Post mit Paketen und Briefen in den letzten 10 Jahren mehr als 4,5 Milliarden Franken Gewinn.
Die Post schreibt, sie ersetze Poststellen wenn möglich durch Agenturen in Läden. Aktuell gibt es rund 1200 solche Agenturen. Nur: In den letzten Jahren machten viele Agenturen wieder zu. Denn die Post zahlte die Agenturbetreiber immer schlechter («K-Tipp» 1/2023).
Der Bund will den Abbau der Filialen nicht stoppen – selbst, wenn die Post später noch mehr Stellen schliessen sollte. Das zuständige Departement von Bundesrat Albert Rösti (SVP) schreibt saldo: Der Bundesrat nehme auf das operative Geschäft der Post keinen Einfluss und Vorgaben zur Zahl der Filialen mache er nicht.