Post spart bei Lehrlingen
Bisher genoss die Post den Ruf als grosse Lehrlingsschmiede. Jetzt ist auch hier Abbau angesagt.
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saldo 02/2017
01.02.2017
Beni Frenkel
Wer Fabienne zuhört, will nochmals jung sein und bei der Post eine Lehre starten. Die junge Frau mit dem blonden Rossschwanz spielt in einem Werbevideo für die Post mit. Sie ist begeistert: «Dank dem Gratis-GA kann ich jetzt ins Tessin fahren und Glace essen.» Sie zählt weitere Zusatzleistungen auf: Gratis-Schulbücher und tolle Lager für die Lehrlinge. Fabiennes Fazit: «Die Post ist allgemein ein sehr soziales Unternehmen.»
Der Film i...
Wer Fabienne zuhört, will nochmals jung sein und bei der Post eine Lehre starten. Die junge Frau mit dem blonden Rossschwanz spielt in einem Werbevideo für die Post mit. Sie ist begeistert: «Dank dem Gratis-GA kann ich jetzt ins Tessin fahren und Glace essen.» Sie zählt weitere Zusatzleistungen auf: Gratis-Schulbücher und tolle Lager für die Lehrlinge. Fabiennes Fazit: «Die Post ist allgemein ein sehr soziales Unternehmen.»
Der Film ist fünf Jahre alt. In der Zwischenzeit hat sich einiges verändert – auch im «sehr sozialen Unternehmen Post». Von den 1851 Poststellen im Jahr 2011 werden bis in drei Jahren weniger als die Hälfte übrig sein (saldo 20/2016) – mit entsprechendem Stellenabbau. Künftig will die Post auch bei den Lehrlingen sparen.
In den letzten zwölf Jahren stieg die Zahl der neu angestellten Post- Lehrlinge kontinuierlich. Am meisten waren es 2015 (834). Letztes Jahr waren es fast gleich viele. Doch damit ist jetzt Schluss. Dieses Jahr sind es noch 753 Lehrlinge. Das sind über 9 Prozent weniger. Der Grund ist nicht mangelnde Nachfrage. Die ist weiterhin hoch. Jährlich bewerben sich gut 10 000 Jugendliche für eine Lehrstelle bei der Post. Der Abbau hat mit den schlechten Aussichten zu tun: Laut Sprecherin Jacqueline Bühlmann stellt die Post weniger Lehrlinge ein, weil «diese am Ende der Ausbildung nicht die Chance haben, bei der Post weiterbeschäftigt zu werden».
«Das ist kein Gebaren für ein Service-public-Unternehmen»
Der Andrang an Interessenten verleitet auch zu einer fragwürdigen Auslese. Von den 16 Lehrgängen steht nur ein einziger Sek-C-Schülern offen. Dabei handelt es sich um die Ausbildung zum Logistiker EBA. Diese arbeiten in den Brief- und Paketverteilzentren. Wer bei der Post eine Detailhandelslehre in Angriff nehmen will, muss mindestens Sek-B-Niveau haben und einen vierstündigen Multicheck machen. Dieser Test kostet 100 Franken.
Christian Capacoel von der Gewerkschaft Syndicom ärgert sich: «Das ist kein Gebaren für ein Service-public-Unternehmen. Zeugnis, Bewerbungsgespräch und Schnuppertage sollten ausreichen.» Die Post begründet den Multicheck mit den «nicht vergleichbaren Zeugnissen» in den Kantonen.