Seit dem 1. März legten sich die Verkehrspolizisten von Birsfelden BL 27-mal auf die Lauer. Sie erwischten 1038 Fahrer, die zu schnell fuhren. Jedenfalls zeigte es das mobile Radargerät Leivtec XV3 so an. Den Lenkern drohen Bussen.
Das Infrarotmessgerät Leivtec XV3 ist bei der Schweizer Polizei beliebt. Es ist unauffällig und taugt für Tempomessungen auf Autobahnen genauso wie auf Quartierstrassen. Mit dem Gerät machen Polizisten in den Kantonen Schwyz und Uri Jagd auf Raser – wie auch ihre Kollegen in Winterthur, St. Gallen, Lenzburg und 28 weiteren Gemeinden.
Herstellerfirma: «Unzulässige Messwertabweichungen»
Doch müsste man das Leivtec XV3 nicht aus dem Verkehr ziehen? Selbst der Hersteller warnt vor dessen Einsatz. Am 12. März bat die Leivtec GmbH in Wetzlar (D) ihre Kunden, von «weiteren amtlichen Messungen vorerst Abstand zu nehmen». Der Grund: Auch bei korrektem Gebrauch könne es zu «unzulässigen Messwertabweichungen kommen». Ein Test der deutschen Gutachterfirma Dekra zeigte: Es drohen Fehlmessungen, wenn sich eine reflektierende Warnweste auf dem Beifahrersitz, ein reflektierendes Schild an der Windschutzscheibe oder ein Reflektor auf dem Dach des gemessenen Fahrzeugs befindet. Zudem kann die Position des Blitzers am Strassenrand die Messresultate beeinflussen. Leivtec XV3 zeigte bei Autos, die mit rund 100 Kilometern pro Stunde (km/h) vorbeifuhren, bis zu 11,4 km/h zu viel an. Auch die deutsche Zulassungsbehörde machte Tests mit Autos, die im Innenraum mit Reflektoren präpariert waren. Die Beamten stellten dabei «unzulässige Messwertabweichungen» fest.
Schweizer Polizeikorps kümmert das wenig. Sie verweisen auf das Eidgenössische Institut für Metrologie, das für die Zulassung von Leivtec XV3 zuständig ist. Dessen Sprecher Jürg Niederhauser erklärt, seine Behörde habe im April in den Medien von möglichen Messungenauigkeiten erfahren. Bis jetzt habe man auf eigene Kontrollmessungen verzichtet. Man werde von den deutschen Behörden über die Ergebnisse weiterer Tests informiert. Meldungen über Probleme mit dem Radargerät lägen nicht vor. Im Klartext: Das Risiko von Messfehlern tragen weiterhin die Autofahrer.
Es geht auch anders, wie die Gemeinde Uitikon ZH zeigt. Jasmin Haller, Leiterin Sicherheit, antwortet auf Anfrage von saldo, das gemeindeeigene Leivtec-XV3-Gerät sei zwar frisch geeicht. Die Polizei setze es aber erst wieder ein, «wenn weitere Testergebnisse da sind und Klarheit herrscht».
Wo die Geräte im Einsatz sind
Leivtec XV3 werden in den Kantonen Schwyz und Uri sowie in den folgenden Gemeinden und Städten eingesetzt: Affoltern am Albis ZH, Allschwil BL, Bergdietikon AG, Birsfelden BL, Bremgarten AG, Dietikon ZH, Kilchberg ZH, Killwangen AG, Lenzburg AG, Meilen ZH, Muri AG, Niederglatt ZH, Niederhasli ZH, Neuenhof AG, Oberglatt ZH, Oetwil ZH, Pratteln BL, Richterswil ZH, Rümlang ZH, Spreitenbach AG, St. Gallen, Stäfa ZH, Therwil BL, Uitikon ZH, Unterengstringen ZH, Volketswil ZH, Wallisellen ZH, Weiningen ZH, Wettingen AG, Winterthur ZH, Würenlos AG.