Der Absatz von Hybridautos mit Stecker erreichte im Februar einen Rekordwert. Das erklärte vor kurzem Auto Schweiz, der Verband der Importeure. Die Händler konnten in dem Monat 768 Plug-in-Hybride verkaufen – viermal so viel wie im Vorjahr. Sie behaupten, das sei gut fürs Klima. Denn jedes Hybridauto hat neben dem Verbrennungs- noch einen Elektromotor.
Die speziellen Plug-in-Hybrid-Modelle verfügen zusätzlich über eine Batterie, die sich per Stecker aufladen lässt. Die meisten bewältigen so Strecken bis 50 Kilometer elektrisch und abgasfrei. Erst wenn die Batterie leer ist, springt der Verbrennungsmotor an und stösst Abgase aus.
Plug-in-Autos emittieren laut den Herstellern im Durchschnitt weniger als 50 Gramm klimaschädliches Kohlendioxid (C02) pro Kilometer. Zum Vergleich: Im Jahr 2018 stiessen die Neuwagen in der Schweiz im Durchschnitt 138 Gramm CO2 pro Kilometer aus.
Auf die Angaben der Hersteller ist jedoch kein Verlass. Das sagt Christian Bach von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa in Dübendorf ZH. Neue Tests der Deutschen Umwelthilfe bestätigen seine Aussage. Die Prüfer testeten einen VW Passat GTE auf der Strasse. Er stiess 126 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer aus – laut Hersteller hätten es nur 37 Gramm sein sollen. Auch der Touring Club Schweiz überprüfte 2016 vier Plug-in-Modelle: einen Audi A3 Sportback e-tron, einen Mitsubishi Outlander PHEV sowie einen Volvo V 60 D6 AWD Twin Engine. Bei allen waren CO2-Ausstoss und Treibstoffverbrauch rund viermal so hoch wie angegeben. Nur der Toyota Prius Plug-in stiess etwas mehr als doppelt so viel CO2 aus.
Plug-in-Hybride brauchen teils mehr Sprit als kleine Dieselautos
Für Empa-Experte Bach ist klar, warum das so ist. Die CO2-Vorschriften in der Schweiz und der EU erlauben Autoherstellern, die Abgaswerte ihrer Plug-in-Modelle kleinzurechnen. So sieht etwa das ab nächstem Jahr verbindliche WTLP-Prüfverfahren vor, dass Plug-in-Autos 60 Prozent aller Strecken elektrisch zurücklegen. In der Praxis schaffen das laut Bach nur wenige. Das legen Fahrdaten aus den Niederlanden, England und Deutschland nahe. Zudem verbrauchte ein Betriebsfahrzeug der Empa mit Plug-in-Hybridantrieb, das jeden Tag mit voller Batterie startete, im Durchschnitt mehr Kraftstoff als ein konventionelles Hybridauto, das vergleichbar eingesetzt wurde. Der Verbrauch des Plug-in-Autos war etwa doppelt so hoch wie vom Hersteller angegeben.
Laut Kurt Egli vom Verkehrsclub Schweiz sind Plug-in-Hybride ökologisch nur sinnvoll, wenn sie überwiegend kurze Strecken elektrisch zurücklegen: «Auf Langstrecken stossen sie viel mehr CO2 und Schadstoffe aus als kleinere konventionelle Autos.» Das liegt auch an ihrem Gewicht: Hersteller rüsten vor allem schwere SUVs mit Plug-in-Technik aus. Die grossen Wagen schleppen dann zwei Motoren plus Batterie herum. Folge: Sie brauchen mehr Treibstoff als Leichtgewichte.
Im Winter kommt es immer wieder zu schädlichen Kaltstarts
Zudem besteht laut einem Empa-Bericht die Gefahr, dass Hybride im Winter mehr Abgase ausstossen, weil der Verbrennungsmotor häufiger startet, und zwar mit nicht ausreichend erwärmtem Katalysator. Grund: Bei längeren Fahrten wechseln sich ihre beiden Motoren öfter ab. Daher komme es bei Hybriden oft zu mehreren Kaltstarts. Ein anspringender Verbrennungsmotor kann aber bei Kaltstarts laut einer weiteren Empa-Studie während des ersten Kilometers so viele Abgase ausstossen wie während der folgenden 1000 Kilometer.
Autoimporteure profitieren doppelt von Plug-in-Autos
Bach sagt: «Plug-in-Autos täuschen oft eine Umweltfreundlichkeit vor, die sie nicht haben.» Auch der Berliner Abgasexperte Axel Friedrich, der den Dieselskandal aufdeckte, sagt: «Plug- in-Hybridautos bringen der Umwelt nichts.» Käufer zahlen für sie überhöhte Anschaffungspreise und benötigen dann mehr für Geld fürs Benzin als erwartet.
Einzig die Importeure profitieren: Jedes verkaufte Plug-in-Auto hilft ihnen, die vom Bund verschärften CO2-Ziele zu erreichen: Laut diesen dürfen sie im laufenden Jahr nur eine Neuwagenflotte verkaufen, die im Durchschnitt maximal 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstösst. Der Bund lässt den Importeuren jedoch zwei Hintertüren offen: Sie dürfen Abgasschleudern durch den Verkauf CO2- armer Modelle kompensieren. Und sie dürfen jeden verkauften Plug-in in ihrer CO2-Bilanz doppelt rechnen. So haben sie die Möglichkeit, zusätzlich weitaus klimaschädlichere Luxus-SUVs zu verkaufen, ohne Bussen zahlen zu müssen (saldo 13/2018).
Abgasexperte Bach fordert deshalb neue Regeln für Plug-ins. Die Hersteller müssten eine neue Technik einbauen, welche die Autobesitzer zwingt, die Elektrobatterien regelmässig aufzuladen. Tun sie es nicht, könnte die Technik zum Beispiel die Geschwindigkeit des Autos drosseln.