Das Rentenalter für Frauen wird von 64 auf 65 erhöht. Das war der Kern der AHV-Reform, welche die Mehrheit der Stimmbevölkerung im September 2022 annahm. Das Abstimmungspaket enthielt auch eine wesentliche Änderung in der 2. Säule. Sie betrifft Versicherte, die von ihrer Pensionskasse keine Altersrente, sondern das Kapital beziehen wollen.
Bisher galt: Versicherte mussten ihr Altersguthaben erst bei Vollendung des 70. Altersjahrs beziehen – also nicht schon bei der Pensionierung. Bis zum Bezug hatte die Kasse das Geld weiter zu verzinsen. Vorteil für die Versicherten: Sie mussten nicht bezogenes Kapital nicht als Vermögen besteuern und die Zinsen nicht als Einkommen. Die gleiche Regelung war anwendbar auf Freizügigkeitsguthaben der 2. Säule, die auf Bankkonten lagen, und auf Freizügigkeitspolicen von Versicherungen.
Je höher der Kapitalbezug, desto höher der Steuerbetrag
Ab Januar 2024 dürfen Versicherte das Kapital nur noch dann bis zum 70. Geburtstag in der Pensionskasse stehen lassen, wenn sie so lange erwerbstätig sind. Steigt jemand vorher aus dem Erwerbsleben aus, muss er das Altersguthaben sofort beziehen. Diese Regelung gilt bis jetzt nur für die 3. Säule. Wer das Geld nicht spätestens mit 65 bezieht, muss der Bank jedes Jahr eine Bestätigung seines Arbeitgebers vorlegen, dass er noch angestellt ist.
Die Neuerung bei der Pensionskasse kann für Versicherte teuer werden, die den Bezug der Gelder aus der 2. und der 3. Säule nicht gut planen. Sie müssen nun alle Altersguthaben mit 65 beziehen, wenn sie in diesem Alter in Pension gehen. Generell gilt aber: Alterskapital der beiden Säulen sollte man nie im gleichen Kalenderjahr beziehen, weil sonst in den meisten Kantonen deutlich höhere Steuern anfallen als bei getrenntem Bezug.
Grund dafür ist die Steuerprogression: Im gleichen Jahr bezogenes Kapital aus der 2. und der 3. Säule wird zusammengezählt – und je höher der Betrag, desto höher ist der Steuerfuss.
Die Progression geht in der Deutschschweiz vor allem in den Kantonen Aargau, Appenzell Innerrhoden, Luzern, Schaffhausen und Solothurn ins Geld. Aber auch in Basel-Stadt, Bern, Nidwalden, Schwyz, Wallis und Zug lassen sich bei separatem Bezug Tausende von Franken sparen («K-Geld» 2/2023). Im Kanton Baselland dagegen werden alle Kapitalauszahlungen bis 400'000 Franken gleich hoch besteuert. Dort bringt ein gestaffelter Bezug bei der kantonalen Steuer bis zu diesem Betrag keine Vorteile. Wegen der progressiven Bundessteuer lohnt sich eine Staffelung aber in der Regel auch in Kantonen mit keiner oder geringer Progression.
Ein Ehepaar sollte bei der Pensionierungsplanung berücksichtigen, dass die Kapitalbezüge beider Partner aus der 2. und der 3. Säule zusammen besteuert werden. Auch das erhöht die Progression. Wichtig: Versicherte können nur Guthaben der 3. Säule und Freizügigkeitsgelder gestaffelt beziehen, und zwar ab dem 60. Lebensjahr. Das Pensionskassenkapital wird auf einmal ausgezahlt – zum Zeitpunkt der Pensionierung. Bei Teilpensionierung sind bis zu drei Tranchen möglich.
Wer das Kapital gestaffelt bezieht, spart Tausende Franken
Ein Beispiel, wie Versicherte mit geschickter Planung schnell Tausende Franken sparen können: Ein Berner Ehepaar verfügt über Pensionskassen- und Säule-3a-Guthaben von 975'000 Franken. Gehen beide Ehepartner im gleichen Jahr in Pension und beziehen sie dann Pensionskassenkapitalien und ihre beiden 3a-Guthaben, bezahlen sie 89'756 Franken Steuern. Verteilen sie ihre Vorsorgebezüge über mehrere Jahre, fallen gemäss dem VZ Vermögenszentrum nur 58'856 Franken Steuern an. Unter dem Strich sparen sie durch eine geschickte Staffelung rund 30'000 Franken Steuern.
Wer in den kommenden Jahren pensioniert wird, sollte den Bezug seines Altersguthabens gut planen. Das neue Gesetz tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Eine Pensionierung im nächsten Jahr hat zur Folge, dass dann das Pensionskassenkapital anfällt, sofern man sich nicht für die Rente entscheidet. Also sollten Versicherte allenfalls noch dieses Jahr Guthaben der Säule 3a beziehen, damit es nicht zusammen mit dem Geld aus der Pensionskasse besteuert wird.
Wer pensioniert wird und noch Altersgeld von einem Freizügigkeitskonto oder einer Freizügigkeitspolice zugut hat, muss das Geld nicht unbedingt schon bei der Erwerbsaufgabe beziehen. Der Bund räumte für Freizügigkeitsguthaben der 2. Säule eine Übergangsfrist von fünf Jahren ein. Wer also schon pensioniert wurde oder in den nächsten Jahren in Rente geht, muss das Freizügigkeitsgeld erst bis Alter 70 beziehen, maximal bis Ende 2029.