Saldo-Leserin Claudia Roth kann es nicht fassen. Sie steht am Schalter in der Postagentur der St. Johann-Apotheke in Basel und protestiert. In der Hand hält sie ein frankiertes Paket, das sie nach England schicken will. Doch die Mitarbeiterin wimmelt sie ab. «Sie müssen die Zollangaben im Internet ausfüllen», sagt sie und drückt Roth einen Flyer in die Hand. Darauf steht, dass die Agenturen der Post, die sich in Geschäften wie Apotheken, Papeterien oder Dorfläden befinden, die Angaben zu Inhalt und Wert der Pakete seit dem 1. April nicht mehr erfassen.
Nur vier Stunden Ausbildung für die Postarbeit
Auch andere Postagenturen überlassen die Kundschaft sich selbst. Das zeigt eine Stichprobe in Zürich, Basel und Luzern. Wer ein Paket ins Ausland verschicken will, erhält bei den verlangten Formalitäten überall die gleiche Antwort: «Das müssen Sie selbst machen.» Nur noch in grossen Postfilialen übernehmen die Mitarbeiter am Schalter die Zolldeklaration – allerdings zum Preis von drei Franken. Die Post findet diesen Zuschlag gemessen am Aufwand «verhältnismässig klein».
Die Post behauptet, dass sie alle Mitarbeiter in den Agenturen geschult habe. Ein Augenschein von saldo zeigt, dass dies nicht der Fall ist. Die Agenturangestellten sind rasch überfordert und verweisen an eine grössere Postfiliale. In einer Zürcher Agentur etwa sagt eine Angestellte, sie sei nur vier Stunden lang in die Postarbeit eingeführt worden. Die Post selbst bestreitet den schlechten Service nicht: Den Agenturen fehle die Infrastruktur, um die Daten elektronisch zu erfassen und die Sendungsetiketten auszudrucken.
«Ich bin Apothekerin, nicht DHL-Angestellte»
Ist der Service bei der Konkurrentin DHL besser? Die Tochtergesellschaft der Deutschen Post betreibt in der Schweiz rund 1000 sogenannte Service-Points und ist die Nummer zwei beim Paketversand. Auch hier ist der Versand ins Ausland oft mühsam: Nur an 100 der 1000 Standorte können Kunden die Zolldeklaration vor Ort erfassen lassen. Ansonsten müssen sie das Formular im Internet ausfüllen und eine Etikette ausdrucken.
Bei der saldo-Stichprobe in 13 der DHL-Service-Points halfen die Angestellten in 4 Fällen weiter. In der Regel scannten sie die vom Kunden gedruckte Etikette ein. Nur 3 von 13 Mitarbeitern an DHL-Schaltern sagten saldo, sie hätten eine Schulung erhalten. Hat man Fragen zur Sendung, gibts Antworten wie «Ich bin Apothekerin, nicht DHL-Angestellte» oder «Rufen Sie DHL an, ich kann Ihnen nicht helfen». Man habe ein Scan-Gerät bekommen, mehr nicht. DHL widerspricht: «All unsere Partner wurden persönlich von DHL-Mitarbeitern sehr gut geschult.»
Der Paketzusteller UPS hat in der Schweiz 100 «Access Points». Auch hier können die Kunden praktisch keinen Service erwarten. An allen Standorten müssen die Pakete fixfertig mit Etikette und ausgedruckten Zollformularen abgegeben werden. Bei der Stichprobe in fünf Access Points in Zürich gaben alle befragten Mitarbeiter an, man habe sie nicht geschult. UPS widerspricht dieser Aussage.