Der Präsident des Kreisgerichts Toggenburg in Lichtensteig SG ruft die Parteien schon kurz nach Verhandlungsbeginn zur Vernunft auf: «Bitte, meine Herren, so kommen wir nicht weiter. Ihr Streit kann nur mit einem Vergleich aus der Welt geschaffen werden.» Weder lägen schriftliche Belege oder Abmachungen vor, noch sei die Höhe des Pachtzinses klar.
Die Beweislage ist tatsächlich dünn. Anfang 2000 pachtete der Kläger vom Vater des Beklagten einige Hektaren Landwirtschaftsland. Pächter und Verpächter kannten sich gut und schlossen das Geschäft deshalb mit einem Handschlag ab. Vor zwei Jahren starb der Verpächter – kurz nachdem der Pächter das Land zurückgegeben hatte. Der Sohn des Verpächters übernahm die Geschäfte.
Der ehemalige Pächter verlangt von ihm vor Gericht 15 000 Franken. Sein Anwalt begründet: «Mein Mandant hat als Pächter über die Jahre hinweg diverse Investitionen getätigt. Er errichtete eine neue Weidescheune. Das kostete ihn mehrere Tausend Franken. Und beim Pferdestall waren früher weder Strom noch Wasser vorhanden.» Der Wert der Parzelle habe sich markant erhöht. Alles sei vom damaligen Verpächter mündlich bewilligt worden. «Der Pachtzins ist heute um einiges höher als zu Beginn.» Der Kläger ergänzt: «Ich reparierte mehrmals das Stalldach, weil es durch das Gewicht des Schnees beschädigt worden war. Dies allein kostete über 4500 Franken.» Er verlangt vom Sohn des Verpächters, sich an diesen Kosten zu beteiligen.
Der Anwalt des Beklagten bestreitet die Forderung: «Mein Mandant benötigt im Stall weder Wasser noch Strom. Der Kläger brauchte das – und erhielt dafür auch noch Geld vom Senior.» Das sei eine Lüge, unterbricht ihn der Kläger. «Ich sah nie auch nur einen Rappen dafür.»
Der Anwalt fährt unbeeindruckt fort. Es handle sich um keinen grossen Stall. Die Dachreparatur einer so «bescheidenen Hütte» sei keine riesige Arbeit. Und die Weidescheune habe für den Verpächter keinen Mehrwert. Über Jahre seien neue Strassen rund um die Parzelle entstanden. «Der Vater meines Mandanten verlor viel Landwirtschaftsland und besass seit Jahren weder Pferde noch Schafe. Er brauchte Stall und Weidehütte nicht mehr.» Zudem habe der Kläger bei der Rückgabe des Landes enorme Schäden am Stall hinterlassen: «Maschinen fehlten. Der Strom funktionierte nicht mehr. Mehrere Fenster waren kaputt. Nachträglich mussten all diese Schäden repariert werden.»
Richter: «Es gab tatsächlich wertvermehrende Investitionen»
Der Gerichtspräsident unterbricht den Anwalt mit dem Hinweis, es seien doch tatsächlich wertvermehrende Investitionen getätigt worden – auch wenn es dafür keine schriftliche Abmachung gegeben habe: «Der Pächter sanierte den Stall mehrmals. Das müssen Sie anerkennen.» Es tue auch nichts zur Sache, dass der Verpächter den Stall nicht brauche. Hingegen sei der Wert der Parzelle und somit der Pachtzins für den Stall gestiegen.
«Ganz genau!», ruft der Kläger und signalisiert dem Richter, dass er auf einen Vergleich eingehen wolle. «Ich möchte aber mindestens 10 000 Franken, wenn der Junior nicht bereit ist, 15 000 Franken zu zahlen. Sein Vater hätte wohl mehr bezahlt.»
Es beginnt ein langes Hin und Her. Der Kläger verlässt einmal wutentbrannt den Saal. Am Ende einigen sich die Parteien auf einen Vergleich: Der Beklagte bezahlt dem ehemaligen Pächter 5000 Franken und die Anwaltskosten. Die Gerichtskosten von 500 Franken werden je zur Hälfte geteilt.
Verpächter muss schriftlich zustimmen
Miete und Pacht sind im Obligationenrecht geregelt. Für die Pacht landwirtschaftlicher Betriebe gilt aber in erster Linie das Bundesgesetz über die landwirtschaftliche Pacht. Danach dürfen Pächter Arbeiten, die über den gewöhnlichen Unterhalt hinausgehen, nur mit schriftlicher Zustimmung des Verpächters vornehmen. Das gilt auch für Änderungen in der Bewirtschaftungsform, die über die Pachtzeit hinaus bedeutsam sein können. Ohne Vertrag hat der Pächter keinen Anspruch auf eine Entschädigung für geleistete Investitionen. Zuvor sollte also die Zustimmung des Verpächters und die Finanzierung schriftlich vereinbart werden.