Ende Juni 2018 erhielt Reto G. aus Zürich Besuch vom Versicherungsvermittler Emre K. Dieser arbeitet für die Maklerfirma S & Partner in Winterthur. Reto G. verlangte ausdrücklich Offerten von zwei Krankenkassen. Doch der Makler schloss eigenmächtig für Reto G. und seine ganze Familie per Internet einen Vertrag bei der Helsana ab.
Schon am 4. Juli erhielt Reto G. von der Helsana eine «Bestätigung Versicherungsschutz» und eine Prämienübersicht – worauf er sofort per E-Mail reklamierte und betonte, er habe nichts unterschrieben. Doch die Helsana beharrte auf dem Vertrag: «Wir können Sie nicht gehen lassen», schrieb ihm die Krankenkasse am 24. Juli.
Erst im August lenkte die Helsana ein und trat doch noch vom Vertrag zurück. Das tat sie aber nur, weil sich der Kunde hartnäckig wehrte.
Vermittler machte beim Antrag zahlreiche Fehler
Inzwischen ist klar: Der Vermittler war unseriös. Er hatte den Versicherungsantrag online fast im Alleingang ausgefüllt und dabei zahlreiche Fehler gemacht. So schloss er zum Beispiel für die vierköpfige Familie G. das Hausarztmodell ab und wies jedem Familienmitglied einen anderen Hausarzt zu. Alles Ärzte übrigens, die der Familie gänzlich unbekannt sind. Und er fälschte sogar Unterschriften auf dem Kündigungsformular, das er ohne Einverständnis von Reto G. an dessen bisherige Krankenkasse sandte.
Der Kunde hat ein Anrecht auf alle wesentlichen Informationen
«Es kann doch nicht sein, dass ein Vertrag ohne Unterschrift zustande kommt», ärgert sich der Betroffene. Doch da täuscht er sich. Das ist gemäss Gesetz durchaus möglich und geschieht häufig, wenn Kunden allein oder zusammen mit einem Vermittler den Versicherungsantrag via Online-Formular stellen. Zwei Grundsätze dazu:
1. Versicherungsverkäufer müssen dem Kunden vor dem Abschluss alle wesentlichen Informationen über den Umfang der Versicherung und die Prämien geben und auch die Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) überreichen. Verletzt der Verkäufer diese Pflicht, kann der Kunde sofort kündigen. Wird der Antrag per Internet gestellt, genügt es, wenn der Kunde die AVB im Internet einsehen kann. Dann muss er online bestätigen, dass er sie gelesen hat.
2. Damit der Versicherungsvertrag zustande kommt, muss die Gesellschaft dem Antragsteller innert 14 Tagen eine Aufnahmebestätigung schicken. Tut sie dies nicht, ist der Kunde anschliessend nicht mehr an seinen Antrag gebunden. Falls eine ärztliche Untersuchung nötig ist, beträgt diese Frist vier Wochen.
Wichtiger Tipp: Schauen Sie genau zu, wenn ein Vermittler den Antrag via Internet stellt. Drückt er am Schluss auf das Feld «Jetzt beantragen» oder so ähnlich, sind Sie an den Antrag gebunden.
Vorsicht bei freien Vermittlern
Lassen Sie keine Versicherungsvermittler zu sich nach Hause kommen, die sich vorher aus heiterem Himmel telefonisch bei Ihnen gemeldet haben.
Bei jedem ersten Kundenkontakt müssen sämtliche Versicherungsvermittler ihren Kunden ein Informationsblatt mit wichtigen Angaben abgeben. Dieses muss ihre Identität und Adresse enthalten. Eine Visitenkarte genügt nicht.
Bei angestellten («gebundenen») Vermittlern muss auf diesem Informationsblatt stehen, welche Gesellschaft sie vertreten. Freie und neutrale («ungebundene») Makler müssen auf dem Informationsblatt angeben, mit welchen Gesellschaften sie Zusammenarbeitsverträge haben und dass sie für die Vermittlung Provisionen kassieren.
Schliessen Sie nicht vorschnell ab, wenn Sie einen Vermittler im Haus haben. Es lohnt sich, die Angelegenheit zu überschlafen und noch eine zweite Meinung einzuholen.