Der 68-jährige Rentner fühlt sich von einem Autohändler aus dem Kanton Zürich über den Tisch gezogen. Am 21. November 2018 kaufte er beim Garagisten für 9950 Franken einen gebrauchten weissen Ford Focus. Der Tacho zeigte 68 023 Kilometern an.
Knapp ein Jahr später sehen sich die beiden Männer vor der Einzelrichterin des Bezirksgerichts Bülach ZH wieder. Der Käufer fühlt sich getäuscht: «Die Bremsbeläge waren bis auf die Stahlplatten abgefahren», beschwert sich der Kläger. «Wäre der 60 000-Kilometer-Service durchgeführt worden, wäre das sicher bemerkt worden.»
Anlässlich des Verkaufsgesprächs habe er den Verkäufer gefragt, ob der 60 000-Kilometer-Service durchgeführt worden sei. Der Garagist habe ihm das bestätigt, er achte peinlich genau darauf, dass jeder Service durchgeführt werde. «Leider habe ich keinen Blick ins Serviceheft geworfen.»
Bei der Probefahrt hätten die Bremsen gerauscht. «Der Verkäufer sagte mir aber, das sei nichts Aussergewöhnliches, wenn ein Auto lange abgestellt war. Er ver-sicherte mir, die Bremsen seien in Ordnung.»
Knapp zwei Wochen nach dem Kauf sei er in eine Garage in Deutschland gefahren, um neue Winterreifen aufziehen zu lassen. Dabei habe die Garage die defekten Bremsen entdeckt. Dafür sowie für den an seinem Auto durchgeführten Service verlangt der Rentner vom Verkäufer 883 Franken Schadenersatz. Zudem seien ihm die Kosten für das Verfahren vor dem Friedensrichter von 220 Franken zu ersetzen.
Händler behauptet, das Auto sei verkehrstauglich gewesen
Der 40-jährige Verkäufer verlangt die Abweisung der Klage. «Ich führe eine zuverlässige Garage. Wir wurden auch schon oft ausgezeichnet.» Von den defekten Bremsen habe er nichts gewusst. «Ich arbeite bloss als Händler, wir haben keine Mechaniker.» Der Mann, von dem er den Ford gekauft hatte, habe ihm gesagt, dass die Bremsen in Ordnung seien. «Darauf durfte ich vertrauen.»
Es stimme auch nicht, dass er dem Käufer Zusicherungen bezüglich der Bremsen gemacht habe. «Aber ich habe ihm ein verkehrstaugliches Auto verkauft.»
Der Käufer widerspricht: «Das Auto war nicht mehr verkehrstauglich.» Er unterstelle dem Verkäufer aber nicht, dass er ihn absichtlich betrogen habe. «Trotzdem muss er für meinen Schaden aufkommen.»
Die Einzelrichterin versucht, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen. Mit Erfolg: Am Ende einigen sie sich darauf, dass der Verkäufer dem Käufer pauschal 500 Franken bezahlt. Die Gerichtskosten von 150 Franken übernehmen die Parteien je zur Hälfte.
Gesetzliche Garantie gilt auch für Occasionskäufe
Nicht nur Neuwagen müssen funktionstüchtig sein. Das gilt auch für Occasionen. Käufer haben Anspruch darauf, dass das Auto gebrauchsfähig ist. Und dass es die Eigenschaften hat, die beim Kauf zugesichert wurden. Dem Alter der Occasion entsprechende Verschleisserscheinungen müssen sie aber akzeptieren.
Ist nichts anderes abgemacht, beträgt die gesetzliche Garantie für Occasionen wie für Neuwagen zwei Jahre, wenn eine Privatperson den Wagen einem Händler abkauft. So lange haben Käufer bei groben Mängeln Anspruch auf Rückgabe des Autos und Schadenersatz, bei kleineren Mängeln auf eine Reduktion des Kaufpreises.
Die gesetzliche Garantie wird beim Verkauf von Occasionsautos von den Händlern oft per Vertrag wegbedungen. Solche Klauseln sind gültig – nicht aber die Verkürzung der Garantie.