Kleingedrucktes in der TV-Werbung muss gut lesbar sein, sofern es Angaben zu Preisen, Konsumkrediten oder zur Energieeffizienz von Personenwagen enthält. Doch viele Firmen halten sich nicht daran. Drei Beispiele:
- Der neue Seat Leon ST Kombi sei schon «ab 20 750 Franken» erhältlich, verkündet eine Stimme aus dem Off. Kleingedrucktes flimmert sekundenschnell über den Bildschirm. Wäre es lesbar, wüssten die Zuschauer, wie viel Benzin der Seat verbraucht oder wie viel CO₂ er ausstösst – und dass das im Spot gezeigte Modell mindestens 32 370 Franken kostet.
- «Vollen 4G-Speed ohne Aufpreis mit jedem Abo und das neue Sony Xperia Set Duo Pack jetzt schon ab 1 Franken», verspricht die Telekomfirma Orange. Auch hier ist das Kleingedruckte nicht lesbar. Andernfalls wäre klar: Mit den Kosten fürs 2-Jahres-Abo, für Internet und SIM-Karte zahlen Orange-Kunden in Tat und Wahrheit stolze 3064 Franken.
- Bank-now, eine Tochter der Credit Suisse, bewirbt einen Kleinkredit «mit 20 Prozent Online-Rabatt». Das Kleingedruckte flackert nur eine Sekunde lang auf. Inhalt: Selbst mit dem Rabatt zahlen Kreditnehmer bis zu 11,1 Prozent Zins – deutlich mehr als andernorts.
Nur 7 von 27 TV-Spots halten die gesetzlichen Vorschriften ein
Bei den Angaben im Kleingedruckten dieser TV-Werbungen handelt es sich um gesetzlich vorgeschriebene Informationen. saldo hat dem Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) eine DVD mit 27 TV-Spots zugestellt, die solche Preisangaben enthalten. Das Seco sollte prüfen, ob das Kleingedruckte tatsächlich deutlich lesbar ist, wie es die Preisbekanntgabeverordnung verlangt.
Ergebnis: Nur 7 von 27 TV-Spots entsprachen den Vorschriften. 20 fielen durch. Guido Sutter, Leiter Ressort Recht: «Der Vollzug des Gesetzes obliegt den Kantonen. Das Seco kann von Gesetzes wegen nicht intervenieren, wird aber die betroffenen Unternehmen auf die rechtlichen Vorgaben aufmerksam machen. »
Doch auch da passiert wohl nicht viel. Auf Anfrage von saldo schreibt etwa die zuständige Stelle in Bern: «Die von Ihnen genannte Fernsehwerbung ist uns nicht näher bekannt.»
Auch bei der Kantonspolizei Zürich ist Kleingedrucktes in TV-Werbung «kein Thema. Fälle sind uns nicht bekannt».
Anders bei der Stadtpolizei Zürich. Laut Mediensprecher Marco Cortesi hat sie schon mehrmals interveniert. Von Verfahren oder Bussen ist ihm aber nichts bekannt. Das spielt auch keine grosse Rolle. Denn den Firmen drohen höchstens ein paar Hundert Franken Busse. Cortesi: «Im Gegensatz zum Werbebudget ist dieser Betrag meist lapidar.»
«Eine befriedigende Lösung ist noch nicht gefunden»
Und was sagen fehlbare Firmen? Seat: «Rechtliche Rahmenbedingungen für eine verbindliche minimale Textgrösse existieren nicht.» Bank-now schreibt: «Die geltende Gesetzgebung macht keine Vorschriften zur Zeitdauer der Einblendung von rechtlichen Hinweisen in Werbespots.» Orange will künftig «eine bessere Lesbarkeit» bieten.
Der Publisuisse, Werbetochter der SRG, sind die Probleme mit dem Kleingedruckten bekannt. Ernsthaft dagegen vor geht sie jedoch nicht: «Eine für die Konsumenten und Werbewirtschaft befriedigende Lösung konnte noch nicht gefunden werden.»
tv-Werbespots :Diverse Firmen schwindeln im Kleingedruckten
Kaum lesbar ist das Kleingedruckte auch in folgenden TV-Spots. Sie enthalten keine Preise, deshalb haben die Firmen bezüglich Schriftgrösse freie Hand:
- Weight Watchers wirbt für das zweiwöchige Programm Easy Start. Dieses könne man jetzt unverbindlich testen. Fakt laut unleserlichem Kleingedrucktem: Unverbindlich testen heisst nur, dass man einem Gratis-Probetreffen beiwohnen darf. Am Programm nimmt man erst teil, wenn man dafür gezahlt hat.
- Laut dem Schweizer Unternehmen Gaba ist die Meridol-Zahnpasta «für Zahnärzte die Nummer 1». Fakt laut Kleingedrucktem: Das Unternehmen selbst hat 100 Zahnärzte befragt – vor vier Jahren.
- L’Oréal verspricht mit der Gesichtscreme «Age Perfect Renaissance Cellulaire» eine «beschleunigte Hautregeneration, jeden Tag steigen 4 Millionen neue Zellen schneller an die Hautoberfläche». Fakt laut Kleingedrucktem: L’Oréal hat die Wirkung der Creme lediglich mit der unbehandelten Haut von 33 Frauen verglichen.
- Philips bezeichnet seine elektrische Zahnbürste «Sonycare Diamond Clean» als «beste Schallzahnbürste». Fakt laut Kleingedrucktem: Das Produkt hat bloss unter sechs getesteten Schallzahnbürsten in einem Test der Stiftung Warentest die beste Note erreicht.