Ursula Graf aus Birsfelden BL liess sich im vergangenen Jahr am Knie operieren. Danach fühlte sie plötzlich harte Knötchen am Knie: «Drückte ich mit dem Finger darauf, hatte ich Schmerzen», erinnert sich die 73-Jährige. Ein halbes Jahr später erkrankte ihr Mann. Die Pflege beanspruchte Grafs Rücken stark. «Ich schluckte jeden Tag Schmerzmittel», sagt sie, «aber es ging nicht anders, ich musste funktionieren.»
Mit der Zeit hatte sie auch am Steissbein harte Knötchen. Die Schmerzen strahlten bis zu den Schultern. «Nach der Knieoperation und der Pflege meines Mannes waren mein Rücken und meine Beine völlig verspannt», sagt Ursula Graf.
In dieser Situation tat sie das, was viele tun: Sie ging in die Physiotherapie. Dort übte die Therapeutin mit einem Massagehaken Druck auf die Knötchen aus, um die verhärteten Muskeln zu dehnen. «Das tat höllisch weh», erinnert sich Graf.
Vier von fünf leiden einmal im Leben an Muskelschmerzen
Ursula Graf ist kein Einzelfall. Laut einer Studie der Universität München aus dem Jahr 2010 leiden vier von fünf Menschen einmal im Leben unter länger anhaltenden Muskelschmerzen. Dafür verantwortlich sind auch so genannte Triggerpunkte. So heissen die stark verhärteten Muskelknötchen, die meist am Nacken, an der Schulter und am Rücken vorkommen.
Gemäss Experten löst Physiotherapie das Problem nicht. «Triggerpunkttherapien sind umstritten», sagt der Physiotherapeut Lorenz Hirn von der Zürcher Praxis Reha-4-Health. «Es gibt langfristig keine ausreichenden Nachweise für deren Wirksamkeit.» Das gilt auch für andere bekannte Therapieformen wie Dry Needling (Nadelstiche in den Muskel) oder die Stosswellentherapie (elektrische Druckimpulse auf den Muskel). «Bei akuten Triggerpunkt-Problemen kann Physiotherapie zwar kurzfristig die Schmerzen lindern», sagt Hirn, «die Probleme verschwinden aber nicht.» Wer Triggerpunkte langfristig lösen wolle, der müsse sich mehr bewegen und sich im Alltag Zeit für seinen Körper nehmen, sagt er.
Das bestätigt auch der Zürcher Sportarzt Walter O. Frey: «Nur wer im Alltag aktiv Massnahmen umsetzt, hat langfristig Erfolg. Einzig passive Therapien helfen nicht weiter.» Grund: Im Fall von Triggerpunkten seien die Muskeln den täglichen Belastungen nicht mehr gewachsen, so Hirn: «Man sollte deshalb möglichst täglich den Körper dehnen und kräftigen, damit die Muskeln stark genug sind für den Alltag und ausreichend durchblutet werden.» Sich regelmässig zu bewegen, sei das wirksamste Mittel im Kampf gegen die schmerzhaften Muskelknötchen, sagt Hirn.
Kraft- und Dehnübungen helfen am besten
Diese Erfahrung machte auch Ursula Graf. Sie sagt: «Die Physiotherapie löste die gröbsten Muskelverhärtungen. Am meisten nützten aber die Übungen zu Hause.» Sie macht jeden zweiten Tag 20 Minuten Kraft- und Dehnübungen.
Zusätzlich massiert Graf die früheren Triggerpunkte mit einem Noppen-Wallholz. Mit Erfolg: «Ich habe kaum noch Schmerzen, und auch die harten Knötchen an den Knien und am Steissbein sind verschwunden.» Ihr Fazit: «Seit ich mich regelmässig bewege, geht es mir besser. Damit will ich auf alle Fälle weitermachen.»
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