Die Buchhalterin aus dem Kanton Aargau beauftragte den Architekten im Dezember 2014. Er sollte für sie ein dreistöckiges Einfamilienhaus planen. Im Vertrag stand, der Architekt solle Offerten einholen und gestützt darauf einen Kostenvoranschlag machen und Baupläne erstellen. Das Kostendach: 750 000 Franken. Über die Höhe des Honorars wollte man sich später verständigen.
Der Architekt machte sich an die Arbeit und präsentierte der Buchhalterin mehrere Kostenvoranschläge. Der erste belief sich auf 1 155 000 Franken, der letzte auf 885 000 Franken. Damit lag er immer noch über dem Kostendach. Die Frau trat deshalb vom Vertrag zurück und weigerte sich, den Architekten für seine Arbeit zu bezahlen.
Nun stehen sich die beiden samt Anwälten vor der Einzelrichterin am Bezirksgericht Aarau gegenüber. Der Architekt fordert von der Buchhalterin 16 000 Franken als Vergütung für seine Arbeit. Laut dem Anwalt des Architekten sei beiden Parteien klar gewesen, dass es beim Kostendach um eine erste, sehr grobe Schätzung gegangen sei. «Es ist nicht unüblich, dass sich dieser geschätzte Wert im Verlauf der Planung erhöht.»
Buchhalterin wollte plötzlich einen Lift im Haus
Die Buchhalterin sei immer wieder mit Änderungswünschen gekommen. Zum Beispiel habe sie plötzlich noch einen Lift verlangt. Deshalb sei das Kostendach überschritten worden. Auch seien zusätzliche Arbeitsstunden angefallen. Für den Anwalt ist klar: «Niemand arbeitet gratis!» Die beiden hätten vereinbart, dass die effektiv gearbeiteten Stunden vergütet werden müssten.
Insgesamt hat das Architekturbüro laut seinem Anwalt 276 Stunden am Projekt gearbeitet. «Der übliche Stundenlohn beträgt 155 Franken.» Die Buchhalterin hätte also 42 780 Franken bezahlen müssen. «Um ihr entgegenzukommen, reduzierten wir die Summe auf 16 000 Franken», sagt der Anwalt. Dieser Betrag stehe seinem Mandanten aber zu.
Der Anwalt der Buchhalterin protestiert. Bereits an der ersten Sitzung habe sie klargemacht, dass sie maximal 750 000 Franken in ihr Haus investieren könne. Dies habe sie dem Architekten per E-Mail mitgeteilt und auch wiederholt gesagt. «Er wusste Bescheid. Dennoch überschritt er die abgemachte Kostenobergrenze.»
Zudem habe man nie einen Stundenansatz vereinbart, obwohl die Frau den Architekten mehrmals darum gebeten habe. «Er stellte auch viel zu viele Stunden in Rechnung.» Der Architekt könne nicht alle belegen. Noch dazu seien die erstellten Pläne unbrauchbar. «Mit diesen war keine Baueingabe möglich.» Der Architekt sei dem Auftrag seiner Mandantin nicht gewachsen gewesen. «Ihm steht deshalb kein Honorar zu.»
Die Parteien können sich nicht auf einen Vergleich einigen. Deshalb muss die Richterin entscheiden. Sie heisst die Klage gut. Die Buchhalterin muss dem Architekten den verlangten Betrag bezahlen. Zwar sei es dem Architekten nicht gelungen, einen Voranschlag zu erstellen, der sich innerhalb des Kostenrahmens bewegte. Damit habe er seine Sorgfaltspflicht verletzt. Die Buchhalterin aber habe es versäumt, diesen Mangel richtig zu rügen. Anstatt einfach die Zusammenarbeit zu stoppen, hätte sie zuerst die zu hohen Kostenvoranschläge und die Baupläne beanstanden müssen.
Laut der Richterin sind mit Arbeitsrapporten insgesamt 148 Arbeitsstunden ausgewiesen. Gemäss den Empfehlungen des Ingenieur- und Architektenvereins sei im konkreten Fall ein Stundenlohn von 140 Franken angemessen. Das macht insgesamt 20 720 Franken. Der Architekt habe aber nur 16 000 Franken gefordert. Deshalb müsse die Buchhalterin nur diese Summe bezahlen.
Hinzu kommen nun noch Gerichtskosten von 3000 Franken und eine Prozessentschädigung an den Architekten von 6549 Franken.
Prozessieren kann das Vermögen gefährden
Wer in einem Forderungsprozess unterliegt, muss über ein gutes Finanzpolster verfügen. Das zeigt sich schon bei einer Klage über 16 000 Franken. Die unterliegende Partei muss dafür im Kanton Aargau Gerichtskosten von 3000 Franken zahlen, an den Anwalt der obsiegenden Partei eine Prozessentschädigung von 6549 Franken. Dazu kommt nochmals so viel für die Rechnung des eigenen Anwalts – insgesamt rund 16 000 Franken. Zieht die unterliegende Partei den Fall weiter, erhöht sich das Prozessrisiko noch mehr: Dann kommen für den Verlierer nochmals Gerichtsgebühren und zwei Anwaltsrechnungen dazu.
Die Höhe der Gerichtskosten und die Prozessentschädigungen sind kantonal geregelt und unterscheiden sich stark. Vor der Einreichung einer Klage sollte man sich über die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten informieren. Für die beklagte Partei gilt: Es kann sehr teuer werden, eine begründete Forderung zu bestreiten.