Seit letztem September gibt es das neue Herzmedikament Entresto. Es hat ein neues Wirkprinzip mit zwei Wirkstoffen. Thomas M. Suter, leitender Arzt an der Uniklinik für Kardiologie am Inselspital Bern, findet es ein «interessantes neues Medikament». Eine Studie habe gezeigt, dass das Mittel im Vergleich mit einer bekannten Medikamententherapie die Sterberate «um 20 Prozent» senke. Es geht dabei um Patienten, deren Herzen zu schwach sind, um das Blut pumpen zu können. Auch laut Otmar Pfister, Leiter Herzinsuffizienz und Rehabilitation Kardiologie am Unispital Basel, gibt es «keinen Zweifel», dass Entresto grundsätzlich wirke.
Therapie kostet jährlich 2900 Franken
Dennoch sind sich die Fachleute uneins, wie sie das Mittel einsetzen sollen. «Die Entscheidung liegt letztlich beim Arzt», sagt das Heilmittelinstitut Swissmedic. Das Problem: Das Mittel ist sehr teuer. Eine Therapie mit Entresto kostet rund 2900 Franken pro Jahr, zehnmal mehr als mit dem bisher üblichen Wirkstoff Enalapril.
Kommt dazu: In der massgebenden Studie gaben Ärzte das Medikament nur an Patienten ab, die bereits ein anderes bekommen hatten. Das heisst, Entresto war in dieser Untersuchung das Medikament der zweiten Wahl. Zudem hat das Mittel Nebenwirkungen. Patienten klagten über Gleichgewichtsstörungen, Ohrensausen und Schwindel.
Das deutsche Fachblatt «Arznei-Telegramm» bezweifelt, dass Entresto mit seinen zwei Wirkstoffen besser sei als das bekannte Mittel Enalapril. Das Medikament habe einen «relativ geringen Erprobungsgrad». Daten über eine Behandlung während längerer Zeiträume fehlten.
Keine Empfehlungen der Fachgesellschaften
Kein Wunder, zögern Fachleute, das neue Medikament breit einzusetzen. Die medizinischen Fachgesellschaften geben keine Empfehlungen ab.
Deutlicher äussert sich Otmar Pfister vom Unispital Basel: Er würde das Mittel bei neuen Patienten mit Herzschwäche nicht als Erstmedikament verschreiben. Erst wenn andere Medikamente nichts bringen, könne man Entresto in Betracht ziehen.
Klar ist hingegen: Wenn die Ärzte Entresto grosszügig verschreiben, winkt dem Hersteller Novartis ein Milliardengeschäft. Allein in der Schweiz leben gegen 10 000 Patienten mit einer Herzschwäche, die auf einer ungenügenden Pumpfunktion des Herzmuskels beruht. In Deutschland sind es rund 1 Million Betroffene, in den USA sogar über 3 Millionen.
Novartis will sich dazu nicht äussern. Die Entscheidung liege beim behandelnden Arzt, sagt Sprecherin Sileia Urech. Bezüglich Risiken und Nebenwirkungen von Entresto verweist sie darauf, dass Novartis das Medikament weiter untersuchen werde.