Mitfahren auf eigene Gefahr
Für Personenwagen und Reisebusse sind Gurte obligatorisch. Nicht aber für Linienbusse. Auch wenn sie auf Autobahnen fahren.
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saldo 15/2016
28.09.2016
Beni Frenkel
Mitte Juni 2011 prallte im bernischen Plagne ein Reisebus mit 63 km/h auf einen stehenden Lastwagen. Die vorderen Passagiere – alle nicht angegurtet – wirbelten nach vorne und verletzten sich lebensgefährlich. Die Passagiere im hintern Teil des Busses überstanden den Unfall glimpflich. Sie trugen Sicherheitsgurte. Zum Glück handelte es sich nur um einen Crashtest des Automobilclubs TCS mit Dummies. Der Test zeigt, wie überlebenswichtig Sicherheitsgur...
Mitte Juni 2011 prallte im bernischen Plagne ein Reisebus mit 63 km/h auf einen stehenden Lastwagen. Die vorderen Passagiere – alle nicht angegurtet – wirbelten nach vorne und verletzten sich lebensgefährlich. Die Passagiere im hintern Teil des Busses überstanden den Unfall glimpflich. Sie trugen Sicherheitsgurte. Zum Glück handelte es sich nur um einen Crashtest des Automobilclubs TCS mit Dummies. Der Test zeigt, wie überlebenswichtig Sicherheitsgurte sind – nicht nur in Personenwagen, sondern auch in Bussen. Seit 2006 müssen Reisebusse entsprechend ausgerüstet sein.
Linienbusse: Höchsttempo wird überschritten
Diese Vorschrift gilt jedoch nicht für Linienbusse – obwohl sie zum Teil auf Autobahnen unterwegs sind. Allein bei der Post gibt es 18 Linien mit Autobahnabschnitten. Das vorgeschriebene Höchsttempo beträgt 80 km/h. In Deutschland dürfen Busse mit Stehpassagieren höchstens Tempo 60 fahren.
saldo fuhr auf der Postautolinie 444 von Zürich nach Bremgarten AG. Sicherheitsgurte gibts nicht. Der «Schnellbus» fährt knapp 10 Kilometer auf der Autobahn. Mittels App mass saldo ein Durchschnittstempo von 85 km/h. Der Spitzenwert betrug 91,8 km/h. Die Post gibt zu, dass der Bus «ein bisschen zu schnell unterwegs war». Die Busse seien eigentlich so eingestellt, dass sie nicht schneller als 85 km/h fahren können. Die entsprechende «Plombierung» werde man «wieder richtig einstellen».
Auch der Bus der Linie 12 der Regionalen Verkehrsbetriebe Baden-Wettingen fährt knapp 5 Kilometer auf der Autobahn. Direktor Stefan Kalt will Fragen zu den nicht vorhandenen Sicherheitsgurten nicht beantworten. Sie seien «nicht relevant».
Anderer Meinung ist die Beratungsstelle für Unfallverhütung. «Der Sicherheitsgurt ist die beste Schutzmassnahme.» Die Transportunternehmen sollten deshalb ihre Busse umrüsten, «auch wenn der Gesetzgeber dies nicht vorschreibt».
Zahlen des Bundesamts für Statistik über Tote und Verletzte bei Unfällen mit öffentlichen Autobussen gibt es erst ab 2008. Die traurige Bilanz seither: 379 Verletzte und 35 Tote.
Immerhin: Auf der Autobahnstrecke Altdorf–Luzern verkehrt der Linienbus der Verkehrsbetriebe Luzern mit Sicherheitsgurten. Auch auf den Strecken des Regionalbusses Lenzburg sind nur Fahrzeuge mit Gurten im Einsatz. Geschäftsführer René Bossard: «Wir empfehlen unseren Fahrgästen, sich anzuschnallen.»