Bei Nespresso-Shops sieht man im Schaufenster fast nur noch die igluförmigen Kaffeekapseln. Sie gehören zum neuen Nespresso-System «Vertuo Next». Dafür brauchts eine spezielle Maschine, die zurzeit ab 149 Franken angeboten wird. Bisherige Nespresso-Maschinen sind ab 80 Franken erhältlich.
Nur die neuen Kaffeemaschinen können den Code auf den Vertuo-Kapseln lesen. Jede Kapsel ist mit einem Barcode versehen, der festlegt, welche Temperatur und Wassermenge für den Kaffee vorgesehen ist. Die Konsumenten können die Grösse ihres Kaffees nicht mehr selbst bestimmen. Insgesamt sind bisher 25 verschiedene Vertuo-Kapseln in sechs Grössen erhältlich – vom Espresso (0,4 dl) bis zur sogenannten «Carafe» mit über einem halben Liter Inhalt.
«Master Origins Colombia»: Ein Drittel teurer
Die Vertuo-Kapseln sind nicht nur anders als die bisherigen, sondern auch deutlich teurer. Die «Master Origins Colombia»-Kapsel für einen 230-Milliliter-Kaffeee beispielsweise kostet 79 Rappen, die bisherige Nespresso-Kapsel mit derselben Bezeichnung 59 Rappen. Das ist ein Aufschlag um gut einen Drittel.
Der Espresso Altissio kostet in der neuen Form 55 Rappen, der gleich starke Arpeggio in der alten Version 50 Rappen. Für die grösste Kapsel verlangt Nestlé den stolzen Preis von Fr. 1.20 Franken. Nespresso begründet die höheren Preise mit der «innovativen Technologie und der Vielseitigkeit des Systems».
Das Unternehmen versichert, die bisherigen, günstigeren Kapseln würden weiterhin angeboten. Ein Augenschein in einem Nespresso-Laden in Winterthur zeigt aber: In der Auslage an der Theke gibt es nur noch einen Teil der günstigeren Originalkapseln. «Der Platz fehlt», erklärt der Verkäufer, man wolle «die neuen Kapseln präsentieren».
Bei Vertuo kann Nespresso den Preis diktieren
Das Vertuo-System ist eine Reaktion von Nespresso auf die Konkurrenz. In Deutschland zum Beispiel stammt heute laut der «Lebensmittel-Zeitung» mittlerweile weniger als die Hälfte der verkauften Kaffeekapseln von Nespresso. Auch in der Schweiz ist inzwischen die Auswahl an nespressokompatiblen Kapseln gross (siehe Tabelle im PDF). Deshalb sanken die Preise deutlich – ausser beim Original.
Möglich wurden die Kopien, weil Nestlés Patente für die Nespresso-Kapseln 2012 ausliefen. Zudem verlor Nespresso diverse Gerichtsverfahren gegen Nachahmer. So hob etwa das deutsche Bundespatentgericht 2017 den Patentschutz für die Aluminiumkapseln auf.
Mit «Vertuo» hat Nespresso nun wieder ein patentgeschütztes System. Nach eigenen Angaben ist das neue Drehtechnologiesystem bis 2030 vor Nachahmern geschützt. Damit kann Nespresso die Preise wieder nach Belieben diktieren – solange die Kunden das mitmachen.