Auf Autobahnbaustellen kann es gefährlich eng werden. Üblich ist auf Autobahnen eine Fahrspurbreite von 3,5 bis 3,75 Metern. Bei Baustellen schrumpft die Überholspur aber auf eine Breite von 2,5 bis 3 Metern. Beispiel A1 Nordumfahrung bei Zürich. Sie ist mit über 120 000 Fahrzeugen pro Tag eine der am stärksten befahrenen Strassen der Schweiz. Bis 2025 wird die Strecke auf 10,5 Kilometern Länge von zwei auf drei Spuren ausgebaut. Laut dem Bundesamt für Strassen ist die Überholspur während der Bauzeit lediglich «mindestens 2,5 Meter breit».
Um die Unfallgefahr zu vermindern, müssen Autos bei Baustellen langsamer fahren – und sie dürfen auf der Überholspur nur maximal 2 Meter breit sein. Trotzdem kam es 2017 laut dem Bundesamt zu 696 Unfällen bei Baustellen. Zum Vergleich: Vier Jahre vorher waren es erst 338. Das Problem: Die Breite der Personenwagen nahm seit 1990 durchschnittlich um 12 Zentimeter zu: 1990 waren Neuwagen ohne Spiegel 1,68 Meter breit, im vergangenen Jahr 1,80 Meter. Das zeigt eine Auswertung des CAR-Instituts der Uni Essen-Duisburg (D).
In der Schweiz dürfen SUVs und Vans auf die Überholspur
Doch viele Autofahrer wissen gar nicht, wie breit ihr Auto tatsächlich ist. In Deutschland zählen laut Strassenverkehrsordnung bei der Gesamtbreite eines Fahrzeugs auch die Aussenspiegel dazu. Deshalb dürfen dort 70 Prozent der neueren Autos bei Baustellen nicht auf der Überholspur fahren. In der Schweiz dagegen misst man die Spiegel nicht mit. «Folglich steht die limitierte Überholspur auch für die allermeisten SUVs, Vans und Oberklassewagen zur Verfügung», schreibt das Bundesamt.
In der Schweiz ist die Hälfte der zehn meistverkauften Autos mit Spiegeln breiter als 2 Meter (siehe Tabelle im PDF). Laut dem Bundesamt für Statistik ist mittlerweile jedes dritte neu in Verkehr gesetzte Auto ein SUV. Grosse Geländewagen wie der Audi Q7, der BMW X6 oder der VW Touareg sind ohne Aussenspiegel knapp 2 Meter breit, mit Spiegeln messen sie aber 2,18 bis 2,21 Meter. Der in der Schweiz beliebte VW-Bus T5 ist sogar 2,28 Meter breit. Damit schrumpft der Abstand zwischen zwei nebeneinanderfahrenden Autos bei Baustellen oft auf weniger als eine Armlänge.
Das erhöht das Unfallrisiko. Der deutsche Automobilclub ADAC teilte im vergangenen Juni mit, dass die zweithäufigste Unfallursache bei deutschen Baustellen die Kollision nebeneinanderfahrender Fahrzeuge sei. Dem Schweizer Bundesamt für Strassen fehlen die Daten, um Aussagen zum Einfluss der Autobreite auf Baustellenunfälle zu machen.
In Deutschland werden zu breite Autos gebüsst
Stefan Krähenbühl, stellvertretender Geschäftsführer der Stiftung für Verkehrssicherheit Road Cross Schweiz fände es angesichts der immer breiter werdenden Autos sinnvoll, «die Auswirkungen der Fahrzeugbreite auf die Verkehrssicherheit bei Autobahn-Baustellen zu analysieren». Sollte ein Zusammenhang zwischen Autobreite und Unfallhäufigkeit belegt werden, müsse der Bund Massnahmen ergreifen. Etwa in Form einer Sensibilisierungskampagne – oder indem man die deutsche Praxis übernehme.
Wer in Deutschland mit einem zu breiten Auto auf der Überholspur unterwegs ist, muss mit einer Busse von 20 Euro rechnen. Und sollte das Fahrzeug in einen Unfall verwickelt werden, kann die Versicherung die Leistungen kürzen. Laut Stephan Fuhrer, Professor für Privatversicherungsrecht an der Universität Basel, ist die Rechtslage in der Schweiz ähnlich: «Entscheidend ist, ob der Schaden grobfahrlässig verursacht wurde.»
Tipp: Auf der Website automobiledimension.com kann man für sehr viele Automodelle nachschauen, wie breit sie ohne und wie breit sie mit Aussenspiegel sind.