Kreuzfahrtschiffe sind schwimmende Städte: Mehrere Tausend Passagiere sind auf ihnen unterwegs, vergnügen sich auf dem Sonnendeck am Pool und tafeln mehrmals täglich in verschiedenen Restaurants. Wer sich stärker für die Schiffsreise an sich als für das Kreuzfahrt-Drumrum interessiert, für den ist ein Seefrachter die Alternative.
Zugang zu Maschinenraum und Kommandobrücke
Eine solche Fahrt bietet ein individuelleres Reiseerlebnis. Denn auf einem Frachter gibt es in der Regel Platz für maximal acht Gäste. Zu den Mahlzeiten sitzt man mit Kapitän und Offizieren zu Tisch. «Das ergibt intensive Gespräche», sagt Michael Hug aus Degersheim SG, der mehrmals auf Frachtschiffen unterwegs war.
Laut Hug ist eine solche Reise für Technik- und Seefahrtfans besonders spannend. Gäste haben Zutritt zu den meisten Räumen an Bord – Maschinenraum und Kommandobrücke inklusive. Die Crew gibt Auskunft über Navigation, Wind und Wellen, Bremswege, Geschwindigkeit und Treibstoffkosten. Die Seeleute wissen auch, wo Delphinherden oder Wale zu erwarten sind.
Als entspannend beschreibt Peter Kaiser aus Balzers FL eine Reise mit dem Frachter vom französischen Le Havre nach Malaysia. Er hat bei der Umrundung Afrikas die Fahrt in den südlichen Winter und wieder zurück in den Nordhalbkugel-Sommer erlebt.
Laut Hug und Kaiser sind Frachtschiffreisen primär für Leute geeignet, die etwas mit sich selbst anzufangen wissen, die zum Beispiel gerne die Veränderungen in der Natur beobachten. Immerhin: Auf neueren Frachtschiffen gibt es sogar ein Schwimmbad oder eine Sauna, Bücher- und DVD-Sammlungen.
Die Reise auf Frachtern kann man ausschliesslich über spezialisierte Reisebüros buchen. Als Faustregel gilt: Pro Reisetag muss man mit Kosten von 120 bis 150 Euro rechnen, Vollpension inbegriffen. Wie bei Passagierschiffen gibt es bei Frachtschiffen unterschiedliche Kabinenklassen. Beispiele:
Eine 56-tägige Fahrt von Piräus durch den Suezkanal nach Malaysia, China und Singapur (retour) kostet bei Globoship.ch ab 6300 Franken.
Für die 19-tägige Überfahrt von Genua ins brasilianische Santos verlangt Langsamreisen.de zwischen 2242 und 2670 Euro.
Zylmann.de bietet eine 13-Tage- Überfahrt von Bremerhaven nach New York ab 1950 Euro pro Person an.
Je nach Fahrt umfasst das Paket unterschiedliche Leistungen. So gibt es Reisen mit oder ohne Flugtransfers. Auch Hafengebühren kosten manchmal extra. Die Liste der nicht inbegriffenen Leistungen auf den Reisebürowebsites bieten Anhaltspunkte beim Abschätzen der zusätzlich anfallenden Kosten.
Diese Punkte sind bei der Planung zu beachten
Englischkenntnisse erforderlich: Wer eine Frachtschiffreise antritt, muss Englischkenntnisse haben. Denn Mitreisende müssen aus Sicherheitsgründen Anweisungen einer internationalen Crew verstehen können.
Medizinische Betreuung: Anders als bei einer Kreuzfahrt gibt es auf einem Frachtschiff keine Ärzte an Bord. Manche Reisebüros fordern zwingend ein ärztliches Attest vor der Buchung. Viele Reedereien beschränken das Höchstalter der Reisenden auf 75 oder 79 Jahre.
Fitness: Auf Frachtern gibts nur manchmal Lifte, dafür aber oft viele Treppen, die es auch bei Wellengang zu bewältigen gilt. Auf einem mehrere Hundert Meter langen Containerschiff kann man beträchtliche Distanzen zurücklegen, wenn man Bewegungsdrang hat.
Spielraum vor Abreise einplanen: Frachter verkehren nicht nach einem genauen Fahrplan. Es kommt häufig vor, dass der Kapitän den Zeitpunkt der Abreise um ein paar Stunden oder Tage verschiebt. Deshalb sollte man am Abreisehafen Hotelübernachtungen einplanen. Auch während der übrigen Reise kann es zu zeitlichen Verschiebungen kommen.
Deviationsversicherung: Der Hauptzweck eines Cargoschiffs ist der Transport der Fracht. Muss das Schiff wegen Krankheit eines Passagiers die Route ändern, geht das ins Geld.
Mitreisende müssen aus diesem Grund eine Deviationsversicherung abschliessen, die diese Kosten deckt. Preis:
75 bis 400 Franken. Bei vielen Arrangements ist dieser Posten im Pauschalpreis enthalten.
Landgang nicht garantiert: Die Hafenanlagen sind auf Warenumschlag ausgerichtet und entsprechend weitläufig. Die Stopps der Schiffe sind manchmal kurz (6 bis 24 Stunden) oder finden in der Nacht statt. Ein Landgang ist somit nicht immer möglich. Zuspätkommen hat einen Nachteil: Frachtschiffe warten nicht.
Der Kapitän hat immer recht: Die Sicherheit und die Fracht stehen an erster Stelle. Wenn es der Kapitän aus Sicherheitsgründen verbietet, ins Freie zu gehen, müssen die Reisenden Folge leisten.
Tipps: Geeignete Saison wählen
Schifffahrtsfreaks freuen sich, wenn es so richtig schaukelt. Zwölf Meter hohe Wellen können für Landratten beeindruckend sein. Andere überqueren den Nordatlantik lieber ausserhalb des stürmischen Monats Februar. Das spezialisierte Reisebüro weiss, welches die beste Reisezeit für die verschiedenen Routen ist.
Kurzreise zu Beginn
Zum Schnuppern eignet sich eine kürzere Fahrt, zum Beispiel von Hamburg nach Irland. Denn: Im Gegensatz zu den stabilisierten Kreuzfahrtschiffen schaukeln Frachter stärker, was seekrank machen kann. Frachtschiffreisebüros haben zahlreiche Angebote für Kurzreisen von 3 bis 14 Tagen Dauer – etwa auf dem Mittelmeer oder in der Nord- und Ostsee.
Durch einen Kanal
Bei der Fahrt durch den Panama- oder den Suezkanal ist Abwechslung garantiert, da sich die Szenerie laufend ändert. Auch auf einer Fahrt mit zahlreichen Stopps in Häfen ist immer etwas los. Ebenfalls empfehlenswert: eine Fahrt über den fast stets ruhigen und witterungsmässig warmen Südatlantik.