An die Gerichtsverhandlung kommen beide Parteien ohne anwaltliche Vertretung. Der Koch klagt auf exakt 4632 Franken. Das ist die Summe, die ihm sein Ex-Chef vom letzten Lohn abgezogen hat.
Der Kläger schildert dem Einzelrichter des Bezirksgerichts Dielsdorf seine Arbeitseinsätze: Bis zum letzten Arbeitstag Ende Juni 2016 habe er im Restaurant jeweils von Mittwoch bis Sonntag gearbeitet. Ende Monat gab er jeweils ein Stundenblatt ab. Der Chef habe nie ein Wort dazu gesagt. Er habe auch jeden Monat den vollen Lohn erhalten.
Der beklagte Restaurantbesitzer bestätigt diese Darstellung grundsätzlich. Sein ehemaliger Mitarbeiter habe am Monatsende tatsächlich jeweils ein Stundenblatt abgegeben – ausser für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2015: «Ich sagte ihm, ich würde ihm keinen Lohn mehr bezahlen, wenn er die Stundenabrechnungen nicht einreicht.» Das habe gewirkt. Danach habe der Koch die gearbeiteten Stunden wieder immer fein säuberlich aufgeführt.
Stundenblätter: Gefälscht oder verloren gegangen?
Der Richter weist den Restaurantinhaber nun darauf hin, dass in den Akten Kopien von Stundenblättern für die Monate Oktober bis Dezember vorliegen. Ob er denn diese nicht erhalten habe? Der Beizer zeigt sich erstaunt: «Diese Zettel sehe ich zum ersten Mal. Der Koch muss sie nachträglich ausgefüllt haben.» Es seien wohl Fälschungen. Das will der Koch nicht auf sich sitzen lassen: Sein Ex-Chef habe die Stundenblätter vermutlich einfach verloren. Der Beklagte erwidert, das sei gelogen. Im Restaurant habe es von morgens bis abends viel zu tun gegeben. Der Koch sei aber manchmal einfach früher gegangen oder gar nicht zur Arbeit erschienen.
Nach einer kurzen Pause ruft der Richter die beiden Männer in den Saal zurück. Um den Sachverhalt genau beurteilen zu können, müsste er über jede geleistete Arbeitsstunde eine saubere Abrechnung haben. Das sei leider nicht der Fall. Ob der Kläger die vorliegenden Stundenblätter dem Chef abgegeben habe oder sie erst nachträglich erstellt habe, könne er nicht beurteilen. Ebenso wenig die Hauptfrage, ob es zu Minusstunden gekommen sei oder nicht.
Koch erhält dank Vergleich 2800 Franken
Der Richter schaut kurz auf und macht einen Vergleichsvorschlag: Der Restaurantbesitzer soll dem Koch 2600 Franken zahlen. Das sei etwas mehr als die Hälfte des geforderten Betrags. Der Koch ist damit nicht einverstanden: «2800 Franken sind okay.» Der Restaurantbesitzer hat Mühe, sich zu beherrschen, nickt aber nach kurzem Überlegen mit dem Kopf. Er ist einverstanden. Gerichtskosten fallen keine an.
Arbeitszeit: Notieren und visieren lassen
Laut Arbeitsgesetz müssen Anfang und Ende der Arbeitsphasen und die Pausen vollständig erfasst werden. Der Arbeitgeber muss dies regelmässig kontrollieren.
Minusstunden, die wegen zu wenig Arbeit anfallen, berechtigen den Betrieb nicht, den Lohn zu kürzen. Angestellte haben auch in solchen Perioden Anspruch auf den vertraglich vereinbarten Lohn. Angestellte sollten die Arbeitsstunden im eigenen Interesse täglich notieren und Ende Monat vom Vorgesetzten visieren lassen. Im Streitfall kann vor Gericht nachgewiesen werden, wie viel gearbeitet wurde und dass der Betrieb davon Kenntnis hatte. Hilfsmittel zur Erfassung gibt es hier: www.service-arbeitszeit.ch.