Der «Tages-Anzeiger» vom 19. Februar kündigte im täglichen TV-Programm die RTL-Quizshow so an: «Wer wird Millionär? Zwei Jahre Krieg in der Ukraine». Hier textete wohl sogenannte künstliche Intelligenz. Jenseits von ungewolltem Sarkasmus ist die Frage aber berechtigt: Wer verdient Millionen am Kriegsleid von Menschen? Die weltweiten Ausgaben der Staaten für ihre Armeen stiegen im letzten Jahr auf ein neues Rekordhoch von 2140 Milliarden Franken.
Mit grossem Abstand am stärksten zur Kasse gebeten wurden die US-Steuerzahler. Die Regierung Biden gibt über drei Mal so viel für die Aufrüstung aus als China und rund neun Mal so viel wie Russland. Auch die EU-Staaten geben jedes Jahr mehr Geld aus für Waffen und Munition. Das geht aus den Zahlen des Stockholm International Peace Research Institute (Sipri) hervor.
Rheinmetall-Aktionärin UBS verdient an Aufrüstung mit
Die zusätzlichen Milliarden der Steuerzahler fliessen in die Kassen der Rüstungskonzerne. Das lässt die Aktien teilweise in gigantischem Ausmass in die Höhe schnellen. Den grössten Gewinn machten die Aktionäre der deutschen Rheinmetall. Ihre Papiere legten seit Beginn des Ukraine-Kriegs im Februar 2022 bis Anfang Mai 2024 von 94 auf 515 Franken zu – das ist eine Erhöhung auf mehr als das Fünffache. Grösster Einzelaktionär ist der US-Vermögensverwalter Blackrock mit einem Anteil von 5,57 Prozent.
Mit 3,83 Prozent gehört die UBS zu den drei grössten Aktionären der Rheinmetall. Die Aktien des schwedischen Rüstungskonzerns Saab sind heute mehr als vier Mal so viel wert wie vor zwei Jahren. Auf fast so viel Rendite kommen auch die Aktionäre des italienischen Rüstungskonzerns Leonardo (siehe Tabelle, Seite 14). Von den Aufträgen an den US-Rüstungskonzern General Dynamics (plus 34,78 Prozent) profitiert auch eine Schweizer Firma: Die Mowag in Kreuzlingen TG ist seit 2003 eine Tochter der US-Firma.
Die 800 Beschäftigten produzieren Panzerfahrzeuge wie den Piranha oder den Eagle. Ein solcher Panzerwagen sorgte im letzten Jahr für Aufsehen, als er in der Ukraine gesichtet wurde. Via Dänemark und Deutschland soll er verbotenerweise ins Kriegsgebiet gelangt sein.
Befeuert wird der Aktienboom der Rüstungskonzerne vor allem durch die Aufrüstung in Europa. Gemäss Sipri stiegen die Waffenimporte der europäischen Staaten zwischen 2019 und 2023 um 94 Prozent, verglichen mit dem vorangegangenen Fünfjahreszeitraum. Mehr als die Hälfte der Importe kamen aus den USA. Deren Waffenfabriken belieferten zwischen 2019 und 2023 total 107 Staaten.
Indien importiert weltweit am meisten Waffen
Zweitgrösster Waffenexporteur ist Frankreich, an dritter Stelle liegt Russland. Dessen Exporte sanken um rund 53 Prozent. Wegen der Sanktionen der USA und der EU kann Russland seine Waffen fast nur noch Richtung Osten verkaufen – etwa an Indien, den grössten Waffenimporteur der Welt. 36 Prozent seiner Waffen bezog Indien von 2019 bis 2023 aus Russland.
Israel bezieht 30 Prozent seiner Waffen aus Deutschland und 70 Prozent aus den USA. 2023 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von 317 Millionen Franken an Israel – zehn Mal so viel wie 2022. Der grösste Empfänger von deutschen Waffen ist die Ukraine.