Hitze und Licht können PET-Kunststoff spröde machen. Beispielsweise durch den Transport und durch Druck auf die Flasche können sich dann winzige Plastikpartikel aus dem Material lösen. Als Mikroplastik gelten Kunststoffteilchen, die zwischen 0,1 Mikrometer und 5 Millimeter gross sind. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar ist bis zu 100 Mikrometer dick.
Lidl- und Coop-Wasser mit Plastikteilchen
saldo liess das Mineralwasser aus 20 PET-Flaschen von Grossverteilern im Labor untersuchen. Mit einer speziellen Methode konnten die Experten die Anzahl der Partikel und die Art des Plastiks bestimmen (siehe «So wurde getestet»). Sehr kleine Teilchen unter 20 Mikrometer waren damit nicht zu erkennen. Trotzdem fand das Labor in zwei Flaschen Mikroplastik: in «Saskia still» von Lidl und «Swiss Alpina» von Qualité & Prix aus dem Coop. Unter anderem entdeckten die Experten die Kunststoffsorten PET, PP und PE. Während PET aus dem Flaschenmaterial stammt, bestehen die Deckel und Deckeldichtungen in der Regel aus PP und PE.
Auswirkungen auf den menschlichen Körper unklar
Wer im Mineralwasser anders als saldo auch nach Teilchen unter 20 Mikrometern sucht, wird häufiger fündig. Das zeigen frühere Messungen von ausländischen Forschern. Einige Ergebnisse:
Experten des Chemischen Untersuchungsamtes Münsterland-Emscher-Lippe fanden 2017 in allen 22 untersuchten PET-Mineralwasserflaschen und 3 beschichteten Getränkekartons Mikroplastik. Bei 80 Prozent der Partikel handelte es sich um Teilchen unter 20 Mikrometer.
In den USA untersuchten 2018 Wissenschafter der Universität New York in Fredonia insgesamt 259 PET-Flaschen von elf verschiedenen Marken. Sie stiessen in 93 Prozent der Flaschen auf Mikroplastik.
Die französischen Konsumentenschützer von «Que Choisir» wurden im März dieses Jahres in 9 von 20 untersuchten Produkten fündig.
Forscher des österreichischen Umweltbundesamts und der medizinischen Universität Wien wiesen vergangenes Jahr auch im Stuhl von fünf Frauen und drei Männern Mikroplastik nach. Wie sich die Partikel im menschlichen Körper auswirken, ist weitgehend unklar. Neuste Daten deuten auf zwei Probleme hin: Laut der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit zeigen Studien mit Nagetieren, dass kleine Partikel unter 150 Mikrometer die Darmbarriere überwinden und andere Organe erreichen können. Dort besteht beispielsweise das Risiko, dass sie Entzündungen auslösen. Das zweite Problem: An Mikroplastik können unerwünschte Stoffe wie etwa giftige PCBs (polychlorierte Biphenyle) oder krebserregende PAK (polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe) haften. Das deutsche Bundesamt für Risikobewertung und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit schätzen die Risiken von Mikroplastik für Menschen zurzeit als gering ein. Der Forschungsbedarf sei jedoch gross.
Behörden handeln nicht, weil der Nachweis einer Gefahr fehle
Fest steht ausserdem: Für die Umwelt ist Mikroplastik ein Problem. Kunststoffpartikel verschmutzen die Meere und wurden unter anderem schon in Muscheln und in Meersalz nachgewiesen.
Dennoch unternehmen die Behörden nichts gegen Verpackungen, die Mikroplastik abgeben. In der Schweiz regelt die Verordnung für Lebensmittel- und Gebrauchsgegenstände, wie Verpackungen beschaffen sein müssen. Darin steht: «Bedarfsgegenstände dürfen an Lebensmittel Stoffe nur in Mengen abgeben, die gesundheitlich unbedenklich sind und keine unvertretbare Veränderung der Zusammensetzung der Lebensmittel herbeiführen.» Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit sagt, es sei nicht erwiesen, dass von Mikroplastik eine Gesundheitsgefahr ausgehe. Zudem sei möglich, dass Mikroplastik beim Abfüllprozess in die Flaschen gelange. Deshalb könne man aus der Verordnung nicht schliessen, dass Plastikflaschen eine für Mineralwasser ungeeignete Verpackung seien.
Coop schreibt: «Wir haben den Hersteller der Flaschenverschlüsse kontaktiert, um Abklärungen vorzunehmen. Das Thema Plastik nehmen wir sehr ernst.» Das erklärt auch Lidl: «Nach aktuellem Kenntnisstand ist Mikroplastik in einem Grossteil der Lebensmittel enthalten.» Man setze bei neuen Erkenntnissen wo immer möglich Massnahmen um.
Kein Mikroplastik in Leitungswasser gefunden
saldo liess auch untersuchen, ob Wasser aus der Leitung Mikroplastik enthält. Erfreulich: Das Labor fand im Leitungswasser aus Zürich keinen Kunststoff. Das Ergebnis deckt sich mit Tests in Frankreich. Konsumentenschützer liessen dort Leitungswasser aus sieben Städten untersuchen. Keine Probe enthielt Mikroplastik. Wer Kunststoff aus dem Weg gehen will, sollte Leitungswasser oder Wasser aus Glasflaschen mit Metalldeckel trinken.
Plastik oft ökologischer als andere Materialien
PET-Flaschen werden aus den Rohstoffen Erdöl und Erdgas hergestellt. Dennoch schneiden sie in der Ökobilanz besser ab als etwa Einwegglasflaschen. Der Grund: Plastikflaschen können mit wenig Energieaufwand wiederverwertet werden und sparen dank ihrem geringen Gewicht beim Transport CO2 ein. In einer Studie des Basler Beratungsunternehmens Carbotech von 2014 zu Getränkeverpackungen schnitten 1,5-Liter-PET-Flaschen in der Ökobilanz am besten ab. Ähnlich gut waren nur Mehrwegglasflaschen mit 1 Liter (saldo 16/2014). Einwegweinflaschen belasten die Umwelt laut der Studie am stärksten. Glasflaschen sind erst dann ökologischer als PET, wenn sie viele Male wiederverwendet werden.
So wurde getestet
Ein spezialisiertes deutsches Labor untersuchte im Auftrag von saldo Mineralwasser in insgesamt 20 PET-Flaschen auf Mikroplastik. Die Experten wollten wissen, wie viele Partikel und welche Art von Kunststoff im Wasser steckten. Dazu verwendeten sie ein spezielles Mikroskop und ein Spektrometer. Bei der sogenannten FTIR-Methode bestrahlten Experten das zuvor aus dem Mineralwasser gefilterte Mikroplastik mit Infrarot. Das Spektrometer misst dann vereinfacht ausgedrückt, welche Strahlen vom Plastik zurückgeworfen werden. Dieses Strahlenmuster funktioniert wie eine Art Fingerabdruck und kann einem Material zugeordnet werden. Auf diese Weise lässt sich bestimmen, um welche Art von Plastik es sich handelt. Diese Untersuchungsmethode funktioniert für Mikroplastik ab einer Grösse von 20 Mikrometern.