Feinstaub ist eine Gefahr für die Gesundheit. Wer dauerhaft solche Kleinstpartikel einatmet, ist anfälliger für einen Herzinfarkt oder eine Atemwegserkrankung. Eine kurzfristige hohe Belastung führt laut einer aktuellen Studie von Forschern der Universität Birmingham (GB) bei Asthmatikern und Personen mit Lungenerkrankungen zu Atemproblemen.
Feinstaub entsteht meist durch Verbrennungsprozesse, zum Beispiel von Dieselmotoren. Aber auch Züge verursachen Feinstaub, etwa durch den Abrieb von Bremsen, Schienen oder Schotter. Eine Stichprobe von 2019 zeigte, dass Pendler vor allem in unterirdischen Bahnhöfen einer hohen Luftbelastung ausgesetzt sind («K-Tipp» 18/2019). Viele Leser wollten wissen, wie hoch die Feinstaubbelastung in den Zügen ist. Deshalb hat saldo nun Stichproben in Bahnwagen durchgeführt. Und zwar auf vier Strecken mit vielen Tunnels.
Dreimal mehr Feinstaub als an der Zürcher Rosengartenstrasse
Ergebnis: Die Belastung in den Zügen ist teilweise gross. Am stärksten stieg sie an, wenn der Zug durch einen Tunnel fuhr. Auch nach Stopps an unterirdischen Bahnhöfen gab es viel Feinstaub in der Luft. Besonders stark war die Belastung bei der Fahrt von Bern nach Brig: Im Lötschbergtunnel stieg die Belastung mit Partikeln mit einem Durchmesser bis 10 Mikrometer (PM10) auf rund 300 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft (µg/m3) an.
Im Durchschnitt betrug die Feinstaubmenge während dieser Fahrt rund 88 µg/m3. Zum Vergleich: Laut Daten der ostschweizerischen Luftüberwachung Ostluft lag der PM10-Wert an der extrem stark befahrenen vierspurigen Zürcher Rosengartenstrasse am gleichen Tag bei «nur» 25,3 µg/m3. Die Rosengartenstrasse gilt laut Untersuchungen des Bundesamts für Umwelt und des Kantons Zürich als eine der am meisten mit Feinstaub belasteten Strassen der Schweiz.
Die gemessenen Schadstoffkonzentrationen sehen auf den Strecken Bern–Zürich, Zürich–Lugano oder Winterthur–Zürich nicht viel besser aus als zwischen Bern und Brig: In fast allen Zügen lag die Luftbelastung über dem offiziellen Grenzwert der Schweizerischen Luftreinhalteverordnung. Ihr zufolge sollte Aussenluft im Jahresdurchschnitt nicht mehr als 20 µg/m3 PM10-Feinstaub enthalten. Die durchschnittliche Tagesbelastung sollte nicht mehr als 50 µg/m3 betragen. Grenzwerte für Innenluft in Zügen gibt es nicht. Auf sieben Zugfahrten lag der durchschnittliche Feinstaubwert über dem erlaubten Jahresdurchschnitt, auf vier Fahrten wurde sogar der Tagesgrenzwert überschritten.
Gefährlich sind vor allem die kleinsten Staubteile, denn sie dringen tiefer in den Körper ein. Deshalb gelten für Partikel mit einem Durchmesser bis 2,5 Mikrometer (PM2,5) strengere Grenzwerte: Erlaubt sind höchstens 10 µg/m3 innerhalb eines Jahres und maximal 25 µg/m3 innerhalb eines Tages. Auch solche Partikel gab es zu viele im Zug: Auf sechs Fahrten mass saldo mehr PM2,5-Staub, als der Jahresgrenzwert zulässt, auf zwei Fahrten wurde auch der Tagesgrenzwert überschritten.
Zuständig für die Einhaltung der Luftreinhalteverordnung ist das Bundesamt für Umwelt. Dessen Antwort erstaunt: Die von saldo gemessenen Werte würden keine Schlüsse über die Einhaltung der Grenzwerte zulassen. Diese gälten für den Aussenbereich, nicht für Innenluft. Und es seien Mittelwerte für 24 Stunden oder für ein Jahr.
Laut den SBB werden unterirdische Streckenabschnitte regelmässig gereinigt. Das sei ein Beitrag zur Reduktion des Feinstaubs in Zügen. Ausserdem würden die Grossstaubfilter in Zügen alle 90 Tage gewechselt.
Italienische Bahn mit besserer Luftqualität
Besser als die SBB machen es offenbar ihre italienischen Kollegen: Die einzige Zugfahrt ohne nennenswerte Feinstaubbelastung war die Rückfahrt von Brig nach Bern mit einer Komposition von Trenitalia. Die Bahngesellschaft teilt saldo mit, das Personal sei angewiesen, auf die Luftqualität zu achten: «Filter werden häufig gewechselt und die Klimakanäle gereinigt.» Auch technische Massnahmen helfen, die Luftqualität in Zügen zu verbessern: So rüstete die italienische Privatbahn Italo 2021 alle Züge mit sogenannten Hepa-Filtern aus. Diese halten auch Kleinstpartikel zurück. Italo bietet schnelle Zugverbindungen in Italien an.
So wurde gemessen
Mit einem optischen Partikelmonitor mass saldo die Werte auf vier Strecken auf der Hin- und Rückfahrt. Das Messgerät zeichnete die Feinstaubkonzentration während der ganzen Fahrt auf. Es zählte die Feinstaubpartikel in der Luft und schätzte deren Grösse mit Hilfe eines Lasers ein. Alle sechs Sekunden gab es eine Messung. Daraus wurde die durchschnittliche Belastung errechnet.