Das Elektroauto Tesla Model 3 wurde im vergangenen Jahr in der Schweiz 5051-mal verkauft. Das ergab Rang zwei bei den Autoverkäufen. Der E-Auto-Boom hält auch dieses Jahr an: In den ersten drei Monaten stiegen die Verkäufe aller E-Autos im Vergleich zur Vorjahresperiode um weitere 50 Prozent.
Die Ernüchterung für E-Auto-Besitzer folgt spätestens beim ersten Aufladen: Von den rund 3500 Ladestationen in der Schweiz sind nur rund 450 Schnellladestationen. Der Unterschied: An einer Schnellladestation wie Tesla Supercharger kann die Ladezeit für 100 Kilometer Reichweite rund 10 Minuten dauern. An einer normalen 22-kW-Ladestation dauert es sechs Mal länger.
Für das «Betanken» von Elektroautos brauchen Fahrer spezielle Handy-Apps, Kunden- oder Kreditkarten. Den Ladevorgang starten sie per App – oder indem sie die Karte kurz ans Lesefeld der Säule halten. Diese identifiziert den Kunden und berechnet den fälligen Betrag.
Das tönt einfach, ist in der Realität aber oft mühsam und kompliziert, wie eine saldo-Stichprobe an verschiedenen Schnellladestationen zwischen Zürich und Thusis zeigt (siehe Kasten). Bei der Recherche kamen die zurzeit meistverkauften E-Autos der Schweiz zum Einsatz: das Model 3 von Tesla, der Renault Zoe und der VW ID3.
Problem 1: Undurchsichtige Preise
An Tankstellen ist der Preis pro Liter Benzin von weitem sichtbar. Das ist bei E-Auto-Ladestationen anders: Wer an eine Ladesäule fährt, hat keine Ahnung, was der Strom kostet. Gemäss dem Staatssekretariat für Wirtschaft müssen die Preise nur dort bekanntgegeben werden, wo der Ladevorgang ausgelöst wird – auf «einem Display an der Ladestation oder auf dem kundeneigenen Smartphone». Kunden müssen den Preis also selbst herausfinden.
saldo machte die Probe aufs Exempel. IBC, die Ladestation der Industriellen Betriebe der Stadt Chur, steht nach der Ausfahrt Chur Süd an der Spundisstrasse. Die Ladestation hat zwar einen Bildschirm – doch dieser zeigt keine Preise an. Den Strompreis erfahren Autofahrer nur, indem sie auf ihrem Handy die Internetadresse Chge.eu aufrufen und die Kennzahl der Säule eintippen oder den QR-Code scannen. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, sich via die Lade-App Swisscharge zu informieren. Fazit: intransparent und mühsam.
Tipp: Wer die Preise der Ladestationen vergleichen will, recherchiert diese mit Vorteil im Internet bei den einzelnen Betreibern wie Swisscharge, Move oder Ionity. Die Ladestationen von Tesla waren auf der saldo-Teststrecke mit 41 Rappen pro Kilowattstunde (kWh) am günstigsten. Wird dort der 75-kWh-Akku eines Tesla 3 Long Range voll geladen, beträgt die Reichweite rund 400 Kilometer. Die Tesla-Säulen stehen nur Tesla-Fahrern zur Verfügung. Die Stecker würden zwar auch zu anderen Autos passen, aber die Software erlaubt das Laden nicht. Die zweitgünstigsten Tarife gab es bei der IBC-Ladestation mit der Swisscharge-App. Am teuersten waren die Stationen der Move Mobility SA mit bis zu 91 Rappen pro kWh. Zum Vergleich: Wer zu Hause lädt, bezahlt nur rund 20 Rappen pro kWh.
Problem 2: Unterschiedliche Preise je nach Zahlungsmittel
An einer Tankstelle ist der Preis pro Liter Benzin für alle Kunden gleich. An einer Ladesäule hingegen kostet der Strom unterschiedlich viel – je nachdem, wie der Kunde den Ladevorgang bezahlt.
Beispiel: Wer an Ladesäulen von Move an der «Heidiland»-Raststätte in Fläsch GR via die Move-App abrechnet, bezahlt 59 Rappen pro kWh Strom und 15 Rappen pro Minute. Bei Bezahlung mit einer Kreditkarte belastet Move zusätzlich eine Anschlussgebühr von 2 Franken bei einem Strompreis von 59 Rappen pro kWh und 10 Rappen pro Minute.
Tipp: Es lohnt sich, auf dem Handy die Apps verschiedener Ladestationenbetreiber zu installieren – etwa die von Move, Swisscharge, Evpass oder Ionity. Eine Übersicht über den Betreiber der jeweiligen Ladestation findet man unter Lemnet.org, in der Lemnet-App oder Ich-tanke-strom.ch.
Problem 3: Intransparente Zusatzkosten
Die Betreiber der Ladestationen verlangen diverse Zuschläge. So werden neben dem Preis pro kWh auch Zusatzkosten wie ein Zuschlag pro Minute oder eine Startgebühr in Rechnung gestellt.
Beispiel: Die Schnellladestation der Firma Gofast an der Raststätte Viamala in Thusis belastet 29 Rappen pro kWh. Zudem kommen Extragebühren von weiteren 29 Rappen pro Lademinute dazu.
Tipp: Mit der App Mobility+ der deutschen Energie Baden-Württemberg AG kann man auch in der Schweiz bezahlen. Eine Kilowattstunde kostet an den meisten Schnellladestationen 49 Cent. Wegen der Abrechnung in Euro kann bei der Zahlung mit Karte allerdings noch ein Fremdwährungszuschlag dazukommen.
Problem 4: Unzuverlässige Technik
An einer Tankstelle für Benziner gilt der Tankvorgang automatisch als beendet, wenn der Füllstutzen wieder in der Zapfsäule hängt. E-Auto-Fahrer müssen den Ladevorgang dagegen oft zuerst in der App beenden, bevor sie den Stecker ziehen können. Die Abrechnung folgt dann meistens per E-Mail.
Beispiel: Beim Laden an der Raststätte Glarnerland in Niederurnen GL stürzte die Move-App ab. Der Ladevorgang liess sich nicht beenden. Das Ladekabel musste manuell entriegelt werden. Gemäss Ladesäule dauerte der Ladevorgang rund 15 Minuten, in denen 7,988 kWh Strom bezogen wurden. In der Abrechnung hiess es dann allerdings, das Laden habe 222 Minuten gedauert und der Verbrauch 15,65 kWh betragen. Das verursachte Mehrkosten von rund 30 Franken.
Tipp: Bei technischen Problemen – zum Beispiel mit der Internetverbindung oder nach App-Abstürzen – ein Foto des Säulen-Bildschirms schiessen. Der saldo-Tester konnte die Rechnung von Move dank eines Beweisfotos erfolgreich beanstanden: Die Firma erstattete den zu viel verlangten Betrag sofort zurück.
Diese Ladestationen wurden getestet
Überprüft wurden folgende Schnellladestationen entlang der A3 und A13:
- Ladesäulen des Westschweizer Unternehmens Move Mobility SA an den Raststätten Herrlisberg Süd in Wädenswil ZH, Glarnerland in Niederurnen GL und Heidiland in Fläsch GR
- Ionity-Ladesäule an der Raststätte Heidiland in Fläsch
- Tesla-Supercharger-Ladestation in Maienfeld GR
- IBC-Ladesäule in Chur
- Gofast-Ladesäule an der Raststätte Viamala in Thusis GR.
Geladen wurde 15 Minuten an Ladesäulen, die Gleichstrom liefern.