Das Theater Basel geht neue Wege: Henry Purcells Oper «König Arthur» wird zu Beginn der aktuellen Spielzeit 2018 neu gedichtet – und modernisiert. Einen anderen alten Zopf wollen die Kulturverantwortlichen in Basel und in andern Schweizer Städten aber auf Teufel komm raus nicht abschneiden: Die Verheimlichung der Löhne von Regisseuren und Intendanten.
Die Theater, Opern- und Kunsthäuser erhalten riesige Subventionen von den Steuerzahlern. Trotzdem erfährt die zahlende Bevölkerung nicht, wie viel die von ihr mitfinanzierten Kulturbosse verdienen. 80 Millionen Franken an Steuergeldern kassiert allein die Opernhaus Zürich AG pro Spielzeit, wie aus dem Geschäftsbericht 2016/17 hervorgeht. Etwas weniger, aber immer noch üppig sind die Subventionen bei den übrigen Betrieben.
Offenlegung der Kaderlöhne ist «eine Selbstverständlichkeit»
saldo fragte bei den grossen Theatern in Basel, Bern, Luzern, St. Gallen und Zürich nach der Höhe der höchsten Löhne. Ohne Erfolg. «Das Theater St. Gallen hat zwar vom Kanton einen Leistungsauftrag, für dessen Erfüllung es Subventionen erhält», schreibt Beda Hanimann von der Genossenschaft Konzert und Theater St. Gallen. «Bei unseren Personalverträgen handelt es sich jedoch um privatrechtliche Anstellungsvereinbarungen.» Er dürfe deshalb keine Details zu den Löhnen weitergeben.
Bettina Auge von der Zürcher Opernhaus AG argumentiert gleich. Zudem befürchtet sie: «Bei einer uneingeschränkten Transparenz im Kulturbetrieb wäre mit einer Spirale nach oben zu rechnen.»
Nicht nur die Kulturbetriebe selbst machen aus der Lohnstruktur ein Geheimnis. Auch die Städte und Kantone als Zahler der Subventionen geben keine Zahlen preis. «Die Verwendung der Gelder der öffentlichen Hand regelt die Stadt mittels Leistungsvereinbarungen mit den Institutionen», schreibt Nat Bächtold vom Präsidialdepartement der Stadt Zürich. «Die Stadt macht den Institutionen keine Auflagen, wie sie die Erbringung dieser Leistungen betriebswirtschaftlich organisieren.» Und Isabelle Jakob vom Konzert Theater Bern hält fest: «In unseren Arbeitsverträgen ist die öffentliche Bekanntgabe der Löhne nicht vereinbart.» Und das, obwohl Alec von Graffenried noch vor seiner Wahl im vergangen Jahr zum Stadtpräsidenten von Bern gesagt hatte, dass die Offenlegung der Kaderlöhne bei subventionierten Kultureinrichtungen «eine Selbstverständlichkeit und nicht der Rede wert» sei.
Bis zu 80 000 Franken extra für jede zusätzliche Inszenierung
Im Volksmund gilt: Wer etwas verschweigt, hat etwas zu verstecken. Laut Brancheninsidern soll Christoph Becker, der Direktor des Kunsthauses Zürich, zwischen 450 000 und 490 000 Franken pro Jahr einstreichen. Bekannt ist, dass der ehemalige Opernhausdirektor Alexander Pereira 320 000 Franken im Jahr fix kassierte. Diese Summe besserte er sich auf 1 Million Franken auf, indem er Sponsorengelder hereinholte und dafür Provisionen kassierte.
Kommt hinzu, dass Regisseure und Intendanten eine zweite Möglichkeit haben, ihr Gehalt aufzupeppen: Gegen Zusatzhonorare inszenieren sie an der eigenen Spielstätte und in fremden Häusern weitere Opern oder Theaterstücke. Das sei branchenüblich, fördere die Qualität und das Image, sagen die Kulturbetriebe. Pro Regie verdienen die Top-Cracks zwischen 50 000 und 80 000 Franken extra. Kein Wunder, möchten sie das nicht an die grosse Glocke hängen.
Kein Verständnis für die Geheimniskrämerei hat Salva Leutenegger, Geschäftsleiterin des Schweizerischen Bühnenkünstlerverbandes: «Wenn Kulturinstitutionen ihre Löhne von oben bis unten offenlegen würden, hätte das bei unseren Mitgliedern und in der Öffentlichkeit eine positive Wirkung.» Denn etwa 40 Prozent der Künstler würden am Existenzminimum leben. Das sei den meisten Theaterbesuchern nicht bekannt. «Obwohl die Schauspieler einen Master in der Tasche haben, müssen sie sich mit Anfangslöhnen von 3700 Franken in Luzern und 4100 Franken in Zürich zufriedengeben», sagt Leutenegger. Der Lohnunterschied zwischen ihnen und ihren Chefs ist also sehr gross.
Änderung der Subventionsverträge nötig
Auch Hans Läubli, Geschäftsführer des Dachverbands der Organisation der professionellen Kultur- und Medienschaffenden Suisseculture, ist persönlich «sehr dafür, dass die Honorare in diesen Institutionen offengelegt werden müssen». Er geht mit gutem Beispiel voran. Auf der Plattform Zeigdeinenlohn.ch hat er sich registriert. Als 70-Prozent-Beschäftigter verdient er hochgerechnet auf 100 Prozent 115 000 Franken pro Jahr.
Arbeitgeber dürfen die Löhne ihrer Angestellten ohne deren Einwilligung nicht bekannt geben. Gemäss den Datenschutzbeauftragten des Bundes und des Kantons Zürich sind Subventionen allein kein Grund für die Offenlegung. Hans Läubli weiss, wie man das ändern könnte: «Subventionsgeber könnten in den Verträgen festlegen, dass die Löhne offengelegt werden müssen.»
Die Kulturnation Österreich zeigt, dass das kein Problem ist. Sie macht aus den Löhnen der Kulturchefs kein Staatsgeheimnis: Der österreichische Rechnungshof veröffentlicht in seinem Einkommensbericht die Gagenliste der Kulturmanager.