Kreuzfahrtschiffe: Extreme Dreckschleudern
Kreuzfahrten sind im Trend – jedes Jahr fahren mehr und grössere Schiffe auf den Meeren. Doch die Luxusliner haben eine dunkle Seite: Sie verdrecken die Umwelt stark.
Inhalt
saldo 11/2011
06.06.2011
Letzte Aktualisierung:
07.06.2011
Eric Breitinger
Reisebüros werben gerne mit Fotos blütenweisser Ozeanriesen, kein Russwölkchen trübt den Himmel. Und Reedereien weisen im Internet oft auf ihr Engagement für den Schutz der Meere hin. So rühmt sich das Unternehmen Costa Kreuzfahrten seiner «grünen Flotte» und behauptet, höchste Umweltstandards einzuhalten. Auch MSC Kreuzfahrten bezeichnet den Schutz der Meere als «Hauptanliegen». Die Reederei transportiere Gäste in &la...
Reisebüros werben gerne mit Fotos blütenweisser Ozeanriesen, kein Russwölkchen trübt den Himmel. Und Reedereien weisen im Internet oft auf ihr Engagement für den Schutz der Meere hin. So rühmt sich das Unternehmen Costa Kreuzfahrten seiner «grünen Flotte» und behauptet, höchste Umweltstandards einzuhalten. Auch MSC Kreuzfahrten bezeichnet den Schutz der Meere als «Hauptanliegen». Die Reederei transportiere Gäste in «besonders schadstoffarmen Schiffen» und habe «hohe Standards», um den Energiebedarf und den Abfall zu minimieren.
Verdrecktes Schwerölvergiftet die Luft
Doch die Realität sieht anders aus: Kreuzfahrtschiffe gefährden laut einer Untersuchung des deutschen Naturschutzbundes Mensch und Umwelt durch massive Abgase. Die Reedereien verbrennen zur Energiegewinnung auf ihren Luxusschiffen billiges Schweröl: ein Restprodukt der Raffinerien, das viele Schwermetalle, Schwefel, Asche und andere Abfallprodukte enthält. Es ist so stark verschmutzt, dass es an Land als Sondermüll entsorgt werden müsste.
Aus den Schornsteinen der Luxusliner qualmen grosse Mengen an krebserregendem Russ, Schwefeldioxid, Benzol und Kohlendioxid. Die Abgase gelangen ungefiltert in die Luft. Die Rückstände würden gängige Russfilter verstopfen. Spezielle Filter für Schweröl sind noch nicht erhältlich.
Internationale Umweltbestimmungen bieten wenig Schutz. Denn die Obergrenzen bei Russpartikeln, Schwefeloxid und anderen Abgasen betragen in den meisten Gewässern das Tausendfache dessen, was Autos und Lastwagen in der Schweiz und der EU in die Luft pusten dürfen. Die Folgen sind drastisch: Die 15 grössten Passagierschiffe der Welt stossen laut Naturschutzbund jährlich mehr giftige Schwefeloxide aus als weltweit alle 760 Millionen Autos zusammen.
Schiffsabgase verursachen laut Studien jedes Jahr weltweit bis zu 60 000 vorzeitige Todesfälle. Gefährdet sind vor allem Küstenbewohner. Denn grosse Schiffe stossen die Abgase vor allem in Küstennähe und im Hafen aus. Wissenschafter führen zudem
40 Prozent des Treibhauseffektes in der Arktis auf Russemissionen zurück.
Reedereien reagieren nicht auf Kritik
Kreuzfahrtschiffe verbrauchen auch generell mehr Energie als Containerschiffe. Doch die Reedereien halten die Zahlen zu Treibstoffverbrauch und Emissionen ihrer Ozeanriesen unter Verschluss. Umweltschützer fordern von den Betreibern, künftig statt Schweröl weniger schädlichen Schiffsdiesel zu verfeuern. Laut Lucienne Damm vom deutschen Naturschutzbund könnten die Schiffe «von heute auf morgen mit saubereren Kraftstoffen fahren». Zudem liessen sich dann Russfilter an Bord installieren, die fast alle Emissionen abfangen.
Kein Gehör für solche Forderungen haben die beiden Schweizer Kreuzfahrt-Marktführer MSC Kreuzfahrten und Costa Kreuzfahrten. Beide wollten sich auf saldo-Anfrage nicht zur Umweltbilanz ihrer Luxusliner äussern.