Hier Fr. 6.20 für zehn Aspirin, da 75 Franken für eine Routineuntersuchung beim Hausarzt, dort 500 Franken für neue Brillengläser. Die wenigsten Versicherten realisieren, wie viel sie für ihre Gesundheit aus dem eigenen Sack zahlen. Laut Bundesamt für Gesundheit waren es 2016 durchschnittlich 2814 Franken pro Kopf. Dazu kamen die Prämien der Krankenkasse. In der Grundversicherung betrugen sie 2016 im Durchschnitt 3442 Franken. Das heisst: Jeder Versicherte zahlte fast 6300 Franken, ein Vierpersonenhaushalt somit rund 25 000 Franken.
Diese Ausgaben lassen sich reduzieren – aber nur beschränkt. Die Prämie für die Krankenkasse dadurch, dass man die Kasse, das Versicherungsmodell oder die Franchise wechselt. Bei den Selbstbeteiligungen ist das Sparpotenzial etwas grösser. Besonders für die Zusatzversicherten: 5,4 Milliarden Franken gaben Versicherte dafür 2015 freiwillig aus. Private und halbprivate Spitalzusätze sind teuer, lohnen sich aber für die Versicherten kaum (saldo 3/2018).
Im internationalen Vergleich müssen Schweizer Patienten besonders viel aus der eigenen Tasche bezahlen (siehe Tabelle im PDF). Laut der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) trugen sie 2017 rund 37 Prozent der Behandlungskosten selbst. Zum Vergleich: In Deutschland und Norwegen waren es nur 15 Prozent.
Grösste Kosten: Pflegeheim, Selbstbehalte und Zahnarzt
Ursache der hohen Belastung: Die obligatorische Grundversicherung klammert zahlreiche medizinische Leistungen aus. Einige Beispiele:
Selbstbehalt: Bis zur Höhe der gewählten Franchise zahlt man alle Arztkosten aus der eigenen Tasche. Das sind 2500 Franken bei der höchsten Franchise. Darüber muss man stets 10 Prozent der medizinischen Kosten als Selbstbehalt tragen, maximal 700 Franken im Jahr – auch bei der tiefsten Franchise von 300 Franken. Allein die Selbstbehalte belasteten laut einer Studie des Gesundheitsökonomen Pius Gyger die Versicherten im Jahr 2015 mit 3 Milliarden Franken.
Medikamente: Patienten müssen für kassenpflichtige Heilmittel 10 oder 20 Prozent selbst zahlen. Und viele Arzneien gibt es nur auf eigene Rechnung. Patienten bezahlten 2015 laut Gyger 1,6 Milliarden Franken extra.
Ambulante Behandlungen: Für nicht ärztlich verordnete Psychotherapien und andere Behandlungen zahlten die Versicherten 1,5 Milliarden Franken selber.
Sehhilfen: 1,1 Milliarden Franken gaben Versicherte im Jahr 2015 für Brillen und Kontaktlinsen aus.
Zahnbehandlungen: 2,8 Milliarden Franken gaben die Versicherten gemäss Gigers Studie für Zahnärzte aus. In Grossbritannien und Deutschland decken die Kassen die meisten Kosten, in Österreich fast alles.
Langzeitpflege: 5,5 Milliarden Franken machten 2015 die von den Bewohnern selbst getragenen Pensions- und Betreuungskosten in Pflegeheimen aus. Das zeigen Zahlen des Bundesamts für Statistik. Laut einer Studie des Gesundheitsobservatoriums Obsan von 2011 zahlen Schweizer Versicherte 61 Prozent der Kosten in der Langzeitpflege privat. In Deutschland mussten Versicherte 29 Prozent der Kosten tragen, in Österreich 18 Prozent und in Frankreich 1 Prozent.
Erika Ziltener, Präsidentin der Schweizer Patientenstellen, kritisiert die hohe finanzielle Belastung. Das treffe vor allem Einkommensschwächere. So verzichtete 2016 jeder fünfte Grundversicherte aus finanziellen Gründen auf medizinische Leistungen. Im Jahr 2010 waren es erst halb so viele gewesen. Das ergaben Erhebungen des Commonwealth Fund (saldo 6/2017).
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