Bei uns gibt es Hoffnung für die Leber.» Mit solchen Werbeslogans wirbt das Unispital Zürich zum Beispiel in Trams und Bussen. Das Berner Inselspital sponsert im Mai einen Stadtlauf mit 16 000 Teilnehmern. Das Kantonsspital Winterthur, die Berner Lindenhofgruppe oder das Basler Bethesda Spital präsentieren sich in Zeitungsinseraten als ideale Geburtskliniken.
Viele Spitäler steigerten in den letzten Jahren ihre Werbeausgaben. Sie zielen damit auch auf lukrative Halbprivat- oder Privatversicherte. Ein Überangebot an Spitalbetten wie etwa in Basel verschärft die Konkurrenz.
Die Basler Regierung veröffentlichte kurz vor Weihnachten, wie viel elf Akutspitäler in Basel-Stadt und Baselland in den letzten zwei Jahren für Werbung und Marketing aufwendeten. Total waren es 13,3 Millionen Franken. Basel ist ein Sonderfall. Den Bund und die übrigen Kantone interessiert es offenbar nicht, wie viel die rund 300 Spitäler für Werbung ausgeben. Zahlen dazu gibt es nicht.
saldo hakte nach: Die angefragten Kantone verwiesen an die Spitäler. Diese seien eigenständige Unternehmen. Also fragte saldo 43 Akutspitäler und Betreiber von Spitälern auf kantonalen Spitallisten. Resultat:
25 blieben jede Antwort schuldig, darunter das Unispital Zürich und die Kantonsspitäler in Luzern, Baden und Winterthur. 2 Spitäler liessen sich teilweise in die Karten blicken. Nur 11 Spitäler und die Spitalgruppen Hirslanden, Insel, Lindenhof, Solothurn und Appenzell legten die Zahlen offen.
Vor allem Privatkliniken stecken viel in Werbung
Die Umfrage zeigt trotz der weitgehenden Geheimnistuerei, dass viel Geld in die Werbung fliesst. Zusammen gaben die 16 Spitäler und Spitalgruppen, die antworteten, im letzten Jahr 21,2 Millionen Franken für Werbung aus. Die 11 Basler Spitäler kamen auf weitere 5,9 Millionen Franken. Diese Zahlen sind allerdings mit Vorsicht zu geniessen: Es gibt in der Schweiz keine einheitlichen Richtlinien dafür, welche Ausgaben ein Spital unter Werbung oder Marketing abbuchen muss. Manch ein Spital dürfte mehr ausgeben als deklariert. Die offiziellen Zahlen verdeutlichen, dass die Werbebudgets unterschiedlich sind: Privatkliniken werben relativ viel. Die private Hirslanden-Gruppe gibt ihren Werbeaufwand für 16 Spitäler und 4 Gemeinschaftspraxen in der Schweiz mit 12 Millionen Franken pro Jahr an. Auch die private Basler Merian-Iselin-Klinik steckte 1,6 Millionen Franken in die Werbung.
Jene öffentlichen Spitäler, die saldo antworteten, werben eher zurückhaltend: 12 Spitäler gaben bei der Umfrage Werbekosten von rund 6 Millionen pro Jahr an. Sie erklären, dieses Geld fliesse auch in Patientenbroschüren, die Webseite und Werbung für Infoveranstaltungen.
Erika Ziltener vom Dachverband der Schweizer Patientenstellen kritisiert, bei Spitalwerbung sei«die Trennung von Information und Werbung sehr unscharf und intransparent». Viele angeblich rein medizinischen Infoveranstaltungen hätten Werbecharakter. Für die Zürcher Gesundheitsökonomin Anna Sax ist klar, dass Spitalwerbung «den Patienten keinen Informationsgewinn bringt».
Mehr Werbung, mehr Operationen, höhere Kosten
Der Zürcher SP-Nationalrat Thomas Hardegger forderte bereits 2013 das Eingreifen des Bundes: Mit einem Vorstoss im Parlament kritisierte er, dass «Werbeaktionen» von Spitälern zu mehr Operationen führen, was die Grundversicherung unnötig belaste. Der Bund erklärte, die Kantone seien für die Aufsicht über die Spitäler zuständig. Passiert ist seitdem nichts.
Klar ist: Patienten und Versicherte bezahlen mit ihren Prämien, Selbstbehalten und Steuern die Spitalkosten. Werbeausgaben sind Teil des Spitalbudgets. Also müssen die Versicherten auch dafür aufkommen – und für die unnötigen Behandlungen, die die Spitäler aufgrund der Werbung durchführen können.
Keine Zahlen zum Spital-Werbebudget
AG: Kantonsspital Baden, Klinik für Schlafmedizin, Bad Zurzach,
GZ Fricktal, Spital Menziken, Spital Leuggern, Villa im Park, Rothrist, Spital Zofingen LU: Kantonsspital, Kinderspital NW: Kantonsspital
SH: Kantonsspital TG: Kantonsspitäler Frauenfeld, Münsterlingen
UR: Kantonsspital VD: CHUV Lausanne ZH: Unispital, Kantonsspital Winterthur, Klinik Lengg, GZO Wetzikon, Schulthess Klinik, Zürich, Spital Affoltern, Limmatklinik, Spital Männedorf, Stadtspital Waid, Spital Uster, Spital Bülach, Spital Limmattal.