Tiefere Prämien gegen eingeschränkte Arztwahl: Das bieten Krankenkassen den Versicherten im Rahmen eines Sparmodells an. Nur funktioniert das längst nicht überall. Ein Beispiel: Ein 33-jähriger Schwyzer ist bei der CSS versichert und wohnt in Ibach. Mit einer Franchise von 300 Franken zahlt er monatlich Fr. 428.05 für die Grundversicherung. Er will deshalb ins günstigste Sparmodell der CSS wechseln: Mit «Multimed» würde seine Prämie auf Fr. 358.65 pro Monat sinken, und er könnte Fr. 832.80 im Jahr sparen.
Fast einen halben Tag Fahrt bis zum nächsten Arzt
Doch im inneren Teil des Kantons Schwyz kooperiert die CSS nur mit einer einzigen Praxis, der Sanacare – und die nimmt keine neuen Patienten mehr auf. Der Ibächler müsste 44 Minuten mit der Bahn bis nach Altdorf UR fahren, um vom Prämienrabatt zu profitieren. Dort liegt die nächste Praxis, die mit der CSS im günstigsten Sparmodell zusammenarbeitet.
Die CSS schreibt, man habe das Ärztenetz seit drei Jahren von 400 auf 2000 Praxen erweitert. Die grösste Krankenkasse arbeitet also nur mit jeder neunten Arztpraxis der Schweiz zusammen. Die Kasse schreibt, eine Kooperation sei nur mit Ärzten möglich, die bestimmte technische Anforderungen wie den digitalen Datenaustausch erfüllten. Der Ärzteverband FMH dagegen erklärt, es gebe «kaum noch nicht digitalisierte Praxen».
Die CSS ist nicht die einzige Krankenkasse, die bei der Aufnahme von Arztpraxen wählerisch ist. Die Kassen Helsana, Swica, Concordia oder ÖKK bieten ebenfalls kein flächendeckendes Ärztenetz in ihren günstigsten Sparmodellen.
In Bellwald VS können Versicherte der Helsana «Benefit Plus Hausarzt» wählen. Die nächste Praxis, die in diesem Modell Patienten aufnimmt, liegt in Maggia TI oder Grindelwald BE. Versicherte mit Auto brauchen 2 Stunden und 40 Minuten dorthin. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln dauert die Anreise einen halben Tag.
In Lungern OW bietet die Atupri «HMO» mit eingeschränkter Arztwahl an. Die nächste Praxis liegt allerdings in Flühli LU. Das bedeutet 1 Stunde und 22 Minuten Autofahrt oder 2 Stunden und 43 Minuten Reise mit Bahn und Bus.
In Glarus Süd GL kann man bei der Swica «Favorit Casa» wählen. Allerdings liegt die nächstgelegene Praxis für die Versicherten in Flums SG – rund 38 Auto- oder 45 Bahnminuten entfernt.
In Gonten AI offeriert die ÖKK «Casamed HMO» . Die nächste Praxis, die zu diesem Tarif Patienten aufnimmt, liegt in Abtwil SG – mit dem Auto eine halbe, mit Bahn und Bus über eine Stunde entfernt.
In Frick AG bietet die Concordia mit «HMO» das günstigste Sparmodell an. Laut Ärzteliste liegt die nächste Praxis in Aarau. Wegen Überlastung müssen sich Versicherte aber ebenfalls ausserkantonal nach einer Praxis umsehen. Fündig werden sie erst in Pratteln BL. Mit dem Auto oder dem Zug ist das ein rund halbstündiger Weg.
Auch im Raum Solothurn, Jura oder Graubünden machte saldo Stichproben bei verschiedenen Krankenkassen. Resultat: Das Ärztenetz der Krankenkassen ist stark eingeschränkt. Bei Fieber oder Schmerzen müssen die Patienten mindestens eine halbe Stunde Auto fahren. Mit dem öffentlichen Verkehr dauert die Reise zum Arzt wesentlich länger.
Die Versicherten müssen sich also entscheiden: Entweder sie nehmen lange Fahrten zur Arztpraxis in Kauf – oder höhere Prämien. Der Krankenkassenverband Santésuisse schreibt, in bestimmten Regionen müssten lange Anfahrtswege für die tiefsten Prämien einfach akzeptiert werden. Der andere Branchenverband Curafutura drückt es noch direkter aus: «Die unterschiedliche Dichte und Auswahl ist gewollt und sieht kein flächendeckendes Angebot vor.»
Hausarztmodell: Das müssen Versicherte beachten
Auf den Internetseiten der meisten Krankenkassen kann man nachschauen, mit welchen Arztpraxen die Kassen zusammenarbeiten: Geben Sie im Feld «Arzt oder Praxis wählen» Ihre Postleitzahl ein. Danach erscheinen die zum Spartarif akzeptierten Praxen.
Erste Anlaufstelle im Krankheitsfall ist der Hausarzt. Ausgenommen sind Notfälle, in der Regel gynäkologische Vorsorgeuntersuchungen sowie Augenarztbesuche. Die Ausnahmen stehen im Reglement der Kasse. Dieses sollte man unbedingt beachten. Im schlimmsten Fall muss man sonst die Arztrechnung selbst bezahlen.
Wer die Kasse per 2024 wechseln will, muss die bisherige Kasse bis Ende November kündigen. Das Schreiben muss am 30. November eingetroffen sein. Die Anmeldung bei der neuen Kasse kann auch noch im Dezember erfolgen.
Weitere Infos: «K-Tipp»-Ratgeber «So sind Sie richtig versichert».