Es ist Jagdzeit. Bis Ende November versuchen die Krankenkassen, mit lästigen Telefonanrufen und E-Mails Kunden zu gewinnen. Besonders ärgerlich: Die Belästigten zahlen auch noch dafür.
Im vergangenen Jahr steckten die Krankenkassen 55 Millionen Franken an Prämiengeldern in Werbung – inklusive nervender Telefonanrufe. 38 Millionen Franken zahlten sie als Provisionen an Makler, die ihnen neue Versicherte zuschanzten. Das zeigen neue Zahlen des Bundesamtes für Gesundheit.
Die Verwaltungskosten in der Grundversicherung betrugen im vergangenen Jahr 1,4 Milliarden Franken. Pro Versicherten waren das 171 Franken – 8 Franken mehr als 2016. Die Kosten stiegen im Vergleich zum Vorjahr um 5,6 Prozent, verglichen mit 2009 sogar um 17 Prozent. Im selben Zeitraum betrug die Teuerung minus 1 Prozent.
Überdurchschnittlich hohe Verwaltungskosten bezahlten im vergangenen Jahr die 2,4 Millionen Versicherten der Kassen Helsana, KPT, Progrès und Sanitas (siehe Tabelle im PDF). Das ist jeder dritte Versicherte. Diese Kassen hätten knapp 100 Millionen Franken gespart, wenn sie so viel wie der Durchschnitt aller Kassen ausgegeben hätten. Tiefere Verwaltungskosten als der Durchschnitt haben Assura, Concordia, CSS, Mutuel und Visana.
Viele Kassen geben zu viel Geld für die Datenverarbeitung aus
Die Unterschiede sind beträchtlich. Beispiel: Die CSS gab pro Versicherten 124 Franken aus, die Helsana 258 Franken – mehr als das Doppelte. Die Helsana begründet die hohen Verwaltungskosten mit ausserordentlichen Ausgaben für ein IT-Projekt und den Ausbau der Kundenbetreuung. Zudem habe man viele ältere und kranke Versicherte. Diese würden mehr Arbeit verursachen als jüngere und gesunde Versicherte. Diesen Zusammenhang bestätigen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit. Trotzdem schöpfen gemäss dem Berner Gesundheitsökonomen Heinz Locher viele Kassen das Rationalisierungspotenzial, zum Beispiel in der Datenverarbeitung, nicht aus. Das heisst: Sie geben unnötig viel Geld aus.
Laut Preisüberwacher Stefan Meierhans müssten die Gesamtkosten eigentlich sinken: «Es gibt immer mehr Versicherte, auf die sich die Verwaltungskosten verteilen» («K-Tipp» 16/2017)
Doch die Krankenkassen haben wenig zu befürchten, wenn sie mit ineffizienter Arbeit Prämien verschleudern. Sie müssten zwar gemäss Gesetz die Verwaltungskosten auf das «erforderliche Mass» beschränken. Der Bund büsste aber noch nie eine Kasse, die diesen Grundsatz nicht befolgte.
Das Bundesamt für Gesundheit fordert die Kassen lediglich auf, einen Kostenanstieg «zu begründen und, falls angezeigt, zu begrenzen». Das Amt verschweigt, welche Kassen es bisher gerügt hat.