Krankenkassen belasten Patienten zu hohe Preise
Patienten zahlen für gewisse Präparate, Laboruntersuchungen und Röntgenbilder mehr, als diese kosten. Grund: Die Krankenkassen kassieren Rückvergütungen, die sie den Patienten nicht weitergeben.
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saldo 15/2013
25.09.2013
Eric Breitinger
Versicherte in Hausarztmodellen zahlen für einige Generika in der Apotheke mehr, als diese kosten. Grund: Ohne Wissen der Kunden zahlen die Generikahersteller Krankenkassen und Ärzten bis zu 50 Prozent des Preises zurück, wenn sie bestimmte Medikamente verschreiben. Die Kickbacks beruhen auf vertraulichen Verträgen (saldo 13/13). Das Problem: Die Krankenkassen belasten den Patienten beim Selbstbehalt nicht die tatsächlichen Medikamentenkosten, sondern die vollen Betr&...
Versicherte in Hausarztmodellen zahlen für einige Generika in der Apotheke mehr, als diese kosten. Grund: Ohne Wissen der Kunden zahlen die Generikahersteller Krankenkassen und Ärzten bis zu 50 Prozent des Preises zurück, wenn sie bestimmte Medikamente verschreiben. Die Kickbacks beruhen auf vertraulichen Verträgen (saldo 13/13). Das Problem: Die Krankenkassen belasten den Patienten beim Selbstbehalt nicht die tatsächlichen Medikamentenkosten, sondern die vollen Beträge – ohne Berücksichtigung der Rückvergütungen.
saldo wollte von den grössten Krankenkassen wissen, ob und wie viel Rückvergütungen sie kassieren. Einige Versicherer bestätigen die Existenz von Abmachungen über Rückerstattungen für verkaufte Generika. Solche Kickbacks gibt es aber nicht nur für Generika. KPT und Visana geben an, solche Verträge mit Ärztenetzwerken, Röntgeninstituten und Labors abgeschlossen zu haben. Diese zahlen Kickbacks für jeden Patienten, den ihnen ein Netzwerkarzt schickt.
Laut Geschäftsleitungsmitglied Reto Egloff bringen «volumenabhängige Rückvergütungen» der KPT pro Jahr eine «niedrige fünfstellige Summe» ein. Die KPT behalte davon ein Drittel, ein Drittel erhielten die Ärzte, ein Drittel wende man für Patientenleistungen wie Gratisimpfungen auf. Die Visana nennt keine Details.
«Kassen verfolgen eigene Interessen, nicht die der Patienten»
Auch die Helsana hat nach eigenen Angaben Verträge mit Optikern, Hilfsmittelherstellern, Spitälern und Versandapotheken, die Rabatte gewähren. Sie gibt an, «diverse Rückvergütungen» zu erhalten.
Laut Groupe Mutuel zahlen Medikamentenhersteller umsatzabhängige Rabatte direkt an die Kasse oder an das Ärztenetzwerk, welches wiederum die Kassen beteiligt. Kasse und Ärzte teilen die Kickbacks untereinander oft fünfzig zu fünfzig auf. Die Swica strich so für 2012 nach eigenen Angaben 250 000 Franken ein, Groupe Mutuel 36 000 Franken, Concordia 25 000 Franken und Sympany 20 000 Franken.
Sara Stalder von der Stiftung für Konsumentenschutz kritisiert die Verträge als «suspekt» und «intransparent». Sie wirft den Kassen vor, «eigene Interessen zu verfolgen statt die der Versicherten». Es sei nicht nachvollziehbar, dass Kassen an Medikamenten mitverdienten. Auch für Erika Ziltener vom Dachverband Schweizerischer Patientenstellen «profitieren in erster Linie die Leistungserbringer und nicht die Patienten».
Concordia: «Rabatte müssen Patienten gutgeschrieben werden»
Die beteiligten Kassen sagen, mit den Rückvergütungen würden die Prämien der Hausarztmodelle gesenkt. Damit geben sie zu, dass die Kickback-Praxis auf dem Rücken der Patienten erfolgt. Diese zahlen mehr für gewisse Medikamente und Leistungen von Labors und Röntgeninstituten, als sie in Wahrheit kosten. Der Aufschlag landet dann bei Ärzten und Krankenkassen. Davon bekommt der einzelne Patient allenfalls einen Bruchteil in Form von reduzierten Prämien zurück.
Einzelne Kassen sehen diese Problematik. Die CSS erklärt, entsprechende Verträge gekündigt zu haben, weil man nicht länger im «Graubereich» agieren wolle. Mark Glutz von der Concordia fordert, dass die «Einkaufsrabatte direkt auf der Abrechnung für die betreffende Leistung» des Patienten zu verbuchen seien. Concordia hält es für «stossend», dass die beteiligten Kassen und Pharmafirmen dazu nicht bereit sind.