Die hohen Preise «machen einfach Spass», sagte der Geschäftsleiter der Fluggesellschaft Lufthansa Anfang März laut verschiedenen Medien in einer Sitzung mit Finanzexperten.
Die Freude ist verständlich: Die Lufthansa-Tochter Swiss erzielte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 456 Millionen Franken (saldo 9/2023). Das Nachsehen haben die Kunden. Sie bezahlen für Flugtickets laut dem Bundesamt für Statistik heute doppelt so viel wie vor zwei Jahren.
Preise um mehr als das Doppelte der Inflation gestiegen
Flugtickets sind nur ein Beispiel von vielen. Auch viele Alltagsgüter wurden teurer. Lebensmittel wurden gemäss dem Landesindex der Konsumentenpreise innert Jahresfrist um 5,6 Prozent teurer, die allgemeine Inflation betrug nur 2,6 Prozent. Als Grund für die Preiserhöhungen sagen Hersteller oft, die Produktionskosten seien wegen der Coronapandemie und der Sanktionen gegen Russland gestiegen.
Tatsache aber ist: Viele europäische Markenhersteller konnten die Mehrkosten auf die Kunden abwälzen und die Gewinne steigern. Das zeigt eine Analyse der deutschen Beratungsfirma Oliver Wyman von Ende Mai. Ihr zufolge erhöhten die 25 grössten europäischen Konsumgüterkonzerne ihren Bruttogewinn im vergangenen Jahr gegenüber dem Vorjahr um insgesamt 2,6 Milliarden Franken.
Fast jeder dritte Finanzchef von über 100 Schweizer Firmen sagt, dass sich die hohen Preise «positiv auf die eigenen Margen auswirken». Das geht aus einer Umfrage der Beratungsfirma Deloitte hervor. Deren Chefökonom, Michael Grampp, spricht Klartext: «Die Inflation ist nicht länger durch die Folgen der Pandemie und des Ukraine-Kriegs begründet. Viele Unternehmen erhöhen schlicht ihre Gewinne.»
Ein paar Beispiele mit Gewinnzahlen aus dem Jahr 2022 und Preisen von Coop und Migros:
Die Aargauer Hero verdreifachte ihren Reingewinn auf 26,8 Millionen Franken. Beispiele aus dem Sortiment: Der Hero Kids Quetschbeutel Apfel, Himbeere und Banane wurde seit 2021 um 33 Prozent teurer, die Himbeerkonfitüre Delicia um 18 Prozent.
Procter & Gamble, Hersteller beispielsweise des Waschmittels Ariel, verbuchte einen Rekordgewinn von 13,2 Milliarden Franken. Die Preise für Color- und Vollwaschmittel stiegen innert zwei Jahren um 18 Prozent.
Der Luzerner Milchverarbeiter Emmi schrieb mit 266 Millionen Franken den dritthöchsten Bruttogewinn der Geschichte, unter anderem mit Joghurt und Kaffeegetränken. Der Preis für «Caffè Latte Macchiato» stieg seit 2021 um 10 Prozent, das Himbeerjoghurt «Jogurtpur» wurde 16 Prozent teurer.
Hersteller halten Kosten für Rohstoffe geheim
Hero, Colgate-Palmolive, Emmi und Procter & Gamble schreiben saldo, für die Ladenpreise seien die Detailhändler verantwortlich. Procter & Gamble gibt zwar zu, den Verkaufspreis für Ariel erhöht zu haben, nennt dafür aber keine Gründe. Emmi nennt höhere Kosten für Milch, Verpackung, Transport und Energie. Wie viel die Rohstoffkosten beim Endprodukt konkret ausmachen, will der Milchverarbeiter nicht sagen.
Aber ein Beispiel des «K-Tipp» zeigt: Beim Fertigmilchkaffee «Lattesso» von Cremo kosteten im Jahr 2021 Rohstoffe und Verpackung für einen 2,5-Deziliter-Becher nur 43 Rappen. Verkauft wurde das Kaffeegetränk für Fr. 2.35 («K-Tipp 7/2023).
Eine Erhöhung dieser Kosten im Bereich der Inflation würde sich im Rappen-Bereich auf den Produktionspreis auswirken – also einem Bruchteil der Preiserhöhung im Laden.
Wie kreativ Hersteller die Preise erhöhen, zeigt die Firma Hasena. Der Baselbieter Bettenhersteller hat einen «befristeten Teuerungszuschlag» von 8,9 Prozent bis Ende Juni 2023 eingeführt. Hasena verkaufte dem Handel etwa den Bettrahmen «Lounge 18» neu für 399 statt 363 Franken. Begründung: Die Kosten für Rohmaterial, Transport und Löhne seien gestiegen.
Hasena versprach: «Falls sich die Situation verändert, werden wir den Zuschlag anpassen.» Die Kosten sinken seit Monaten. Das gibt Hasena-CEO Ramon Hasenfratz auch zu. «Seefrachten» und Holz seien bedeutend günstiger geworden, schreibt er saldo. Dennoch senkt Hasena die Preise kaum. Die Betten kosten ab kommendem Juli 7,9 statt 8,9 Prozent mehr als im Vorjahr.