Kochbücher, aus denen man gerne mehrmals kocht
Das Angebot an Kochbüchern ist riesig. Und jährlich kommen allein im deutschen Sprachraum über 500 neue dazu. Drei Experten sagen, welche Titel etwas taugen.
Inhalt
saldo 9/2007
16.05.2007
Andrin C. Willi
Wer in einer Buchhandlung vor dem Regal mit den Kochbüchern steht und ein passendes Werk sucht, ist schnell überfordert. Es ist, wie wenn man in 20 Minuten eine Reh-Morchel-Pastete ohne Anleitung backen müsste. Kurz gesagt: schwierig. Keine Region ist zu entlegen und kein Klischee zu behaftet, um daraus nicht eine Rezeptsammlung zu machen. Und: kein Starkoch ohne Kochbuch. Viele dieser Bücher sind reine Selbstverwirklichung, und die Rezepte eignen sich oft kaum zum Nachkochen.
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Wer in einer Buchhandlung vor dem Regal mit den Kochbüchern steht und ein passendes Werk sucht, ist schnell überfordert. Es ist, wie wenn man in 20 Minuten eine Reh-Morchel-Pastete ohne Anleitung backen müsste. Kurz gesagt: schwierig. Keine Region ist zu entlegen und kein Klischee zu behaftet, um daraus nicht eine Rezeptsammlung zu machen. Und: kein Starkoch ohne Kochbuch. Viele dieser Bücher sind reine Selbstverwirklichung, und die Rezepte eignen sich oft kaum zum Nachkochen.
Gute Bilder bedeuten noch lange nicht gute Rezepte
Die meistverkauften Kochbücher stammen aus den Küchen der überwiegend männlichen TV-Köche. Etwa vom englischen Kultkoch Jamie Oliver, der immer wieder vorne in den Schweizer Sachbuch-Bestsellerlisten auftaucht. Bis vor kurzem war sein «Besser kochen mit Jamie» für Fr. 47.10 auf Platz zwei der Bestsellerliste des Schweizer Buchhandels. «Die Verkäufe schnellen nach den Sendungen in die Höhe», sagt Nicole Seidel. Sie arbeitet bei Buch Gourmet in Köln. Mit ihrem Sortiment von rund 11 000 Kochbüchern zählt Buch Gourmet zu den grössten auf Kochbücher spezialisierten Buchhandlungen Europas.
Jedes Jahr erscheinen allein im deutschsprachigen Raum über 500 neue Kochbücher. Die genaue Zahl ist nicht zu eruieren. «Es gibt keine entsprechenden Statistiken», sagt Martin Jann, Geschäftsführer des Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verbandes.
Kochbücher sind Lifestyleobjekte, die man vor dem Kauf gerne in die Hand nimmt. Es ist, wie wenn man einen Kunst- oder einen Fotoband kaufen würde: Ein Kochbuch möchte man «spüren», man will die Rezeptbilder sehen, sich verführen lassen. Motto: Das Buch, das den Magen am meisten zum Knurren bringt, wird gekauft. Doch leider sind Bauchentscheide nicht immer ratsam, denn gutes Layout und gute Bilder bedeuten noch lange nicht gute Rezepte.
Zutaten sollten sich leicht beschaffen lassen
Ein Rezept ist dann gut, wenn es geschmacklich schlau und kreativ komponiert ist, einen klaren Aufbau hat - und vor allem, wenn Zeit- und Mengenangaben stimmen und sich auf die Anzahl Gäste umrechnen lassen. Die vorgeschlagenen Zutaten sollten leicht beschaffbar sein, das Resultat auf dem Teller ans Foto im Buch erinnern. Wenn das alles passt, kann ein Kochbuch eine wirkliche Hilfe sein und Frustrationen am heimischen Herd vermeiden helfen.
Die 15 von saldo vorgeschlagenen Titel erfüllen alle diese Ansprüche. Es sind Kochbücher, aus denen man gerne mehr als einmal kocht. Sie sind eine Inspirationsquelle des kulinarischen Lebens. Das Niveau spielt dabei keine Rolle, es geht um Spass am Herd und Freude bei Tisch.
1. Kochbücher für Anfänger
«Kochschule No. 1» Von Monika Schuster, Gräfe und Unzer Verlag, 192 Seiten, Fr. 34.90, ISBN 3-8338-0275-8
Wer nicht allzu tief in die Tasche greifen möchte und trotzdem seine ersten Küchenerfahrungen nicht ganz dem Zufall überlassen will, ist mit «Kochschule No. 1» bestens bedient. Die gelernte Köchin und Autorin Monika Schuster verrät darin Rezepte, die nicht nur gut aussehen, sondern garantiert auch gelingen - ohne den Kochnovizen zu überfordern. Dazu gibt es immer einen «heissen Tipp».
Keine Besserwissereien, keine Angstmacherei, keine unnötigen Komplikationen. Schlicht und einfach ein Buch, das hält, was es verspricht: «Erfolgsrezepte und Küchenpraxis leicht gemacht.»
«Wie koch’ ich...?»
Von Sebastian Dickhaut, Gräfe und Unzer Verlag, 240 Seiten, Fr. 30.10, ISBN 3-8338-0156-5
Ein Buch für alle, die «ihr Essen selbst in die Hand nehmen wollen», wie es in der Ankündigung des Verlags zutreffend heisst. Klein und handlich, passt es auf jede Küchenablage. Das praktische Büchlein ist in Fragen und Antworten aufgebaut: Wie mache ich ein saftiges Rührei? Oder ein Hacksteak oder ein Wiener Schnitzel? Auf den ersten Blick alles einfache Gerichte, aber jeder Profikoch weiss: Am Kartoffelsalat erkennt man den Meister. Oder, wie Paul Bocuse sagt, an der Omelette. Also, nur Mut, das Buch hier ist gut, der Rest ist Übung.
«Basic cooking 2»
Von Sebastian Dickhaut und Sabine Sälzer, Gräfe und Unzer Verlag, 168 Seiten, Fr. 27.-, ISBN 3-8338-0446-5
Modern und lebendig, zum Teil etwas dicht gedrängt, kommt «Basic cooking 2» daher. Es knüpft an den Erfolg des Einsteigerkochbuches an, das 1999 erschien und die Bestsellerlisten erklomm. Der Autor ist kein «cooler Junge» mehr wie damals, sondern jetzt ein Papi. So sind auch die Rezepte erwachsener geworden. Es werden keine WG-Nudeln mehr aufgetischt, sondern Ochsenschwanzsuppe oder Rösti. Mehr Grundwissen, klassischere Gerichte und viele gute Tipps für Einkauf, Kochspass und Genuss.
2. Kochbücher für Preisbewusste
«Le Creuset. Das Kochbuch zum Topf» Von David Rathgeber und Elisa Vergne, Walter Hädecke-Verlag, 140 Seiten, Fr. 34.90, ISBN 3-7750-0466-4
In diesem Buch geht es um den Schmortopf. David Rathgeber ist Küchenchef im Bistro Aux Lyonnais in Paris. Er zeigt, wie man - alles aus einem Topf - preiswerte Gerichte der klassischen französischen Küche zubereiten kann. Herrlich: Eier im Topf mit Krebsen und Knoblauchbrot, aber auch Linsencremesuppe mit Speck oder das Käsesoufflé mit gereiftem Comté kosten nicht die Welt. Schön fotografiert, eine Ode an die Schmorküche.
«Rezepte unter 1,50 h» Von Bettina Matthaei, Gräfe und Unzer Verlag, 64 Seiten, Fr. 14.-, ISBN 3-7742-5721-3
Klar macht Sparen keinen Spass, vor allem nicht beim Essen. Aber muss man sich deswegen gleich die Freude am Kochen verteufeln lassen? Natürlich nicht. Aber versuchen Sie einmal, ein Gericht für weniger als 3 Franken zu kochen. So einfach ist das gar nicht. Dass es geht, zeigt dieser Küchenratgeber. Vor allem die «Experimentierfreude und gute Gewürze machen aus einfachen Zutaten tolle Gerichte», schreibt die Autorin. Konkret sehen die etwa so aus: Haselnuss-Koriander-Puffer, Ananas-Chilisuppe oder Zitronenreis mit Hähnchenstreifen.
«Lea Linster: Einfach und genial»Von Lea Linster, Goldmann Verlag, 160 Seiten, Fr. 43.70, ISBN 3-4423-9032-X
1989 gewann die Luxemburger Spitzenköchin Lea Linster die begehrte Kochauszeichnung «Bocuse d’Or». Ihre Karriere verlief rasant und ihr Name ist heute vielen Gourmets ein Begriff. Umso schöner, dass es dieses Buch gibt. Es zeigt, dass einfach kochen sehr viel mit dem Talent des Koches oder eben der Köchin zu tun hat. Es muss nicht immer Kaviar sein, es können auch mal «original Pommes» mit einer «Mayonnaise vom Feinsten» sein.
3. Kochbücher für Vegetarier «Grüne Küche» Von Delia Smith, Collection Rolf Heyne, 264 Seiten, Fr. 65.30, ISBN 3-8991-0206-1
Die bekannte britische Kochbuchautorin Delia Smith ist keine Vegetarierin, sie ist eine bekennende Fleischesserin. Und trotzdem: Hier demonstriert sie nachhaltig, dass die vegetarische Küche nicht langweilig sein muss. 250 originelle Rezepte aus 34 Jahren Kochkarriere hat Smith zusammengetragen. Ein Genuss, bei dem man Seite für Seite nie das Gefühl bekommt, dass etwas fehlt. Heisser Rezepttipp: Tartelettes mit glacierten roten Zwiebeln und Ziegenkäse.
«Vegetarisch nach Lust und Laune» Von Rolf Hiltl, Werd Verlag AG, 191 Seiten, Fr. 59.00, ISBN 3-8593-2492-6
Von den Fotografien her nicht mehr das modernste Kochbuch. Als es 1998 anlässlich des hundertjährigen Bestehens des Zürcher Restaurants Hiltl erschien, ahnte niemand, dass es zu so einem Erfolg werden würde. Mittlerweile ist die zehnte aktualisierte Auflage erschienen. Am Inhalt hat sich wenig verändert: einfache und gelingsichere vegetarische Rezepte von Suppen und Salaten über Drinks bis zu arabischen und Hiltltypischen indischen Rezepten. Sehr gut und locker zuzubereiten sind die «Safran-Artischocken».
«Vegetarisch kochen. Die besten Rezepte aus aller Welt» Von Celia Brooks Brown, Dorling Kindersley Verlag, 304 Seiten, Fr. 46.90, ISBN 3-8310-1027-1
Dieses Werk ist ein Klassiker der vegetarischen Küche. Es ist in sieben Sprachen erschienen und beinhaltet 210 Rezepte aus der ganzen Welt. Authentisch umgesetzt und informativ. Hier findet man Rezepte von Amerika bis Asien. Nicht alle Gerichte sind abgebildet, aber jene, die es sind, kommen schön daher. Das Buch bereichert selbst Koch- und Essgewohnheiten von Fleischtigern.
4. Grundlagen für die Küche
«Die grosse Teubner Küchenpraxis» Von Christian Teubner, Gräfe und Unzer Verlag, 640 Seiten, Fr. 158.-, ISBN 3-7742-0774-7
Wissen Sie, was ein Petermännchen ist? Auf einem der über 4500 Farbfotos werden Sie in diesem Buch in der Kategorie Fisch fündig. Es ist eines der besten Nachschlagewerke für die Küche. Nicht nur Hobbyköche verehren die klipp und klare Art der Information, auch bei Profis kommt das seit Jahren gut an. Die Marke Teubner ist in den Köpfen der Köche so fest verankert wie die Weisswurst bei den Bayern. Dieses Standardwerk wurde 2002 an den Gourmand World Cookbook Awards mit dem Titel «Best Book of the Year in German» ausgezeichnet.
«Grand Livre de Cuisine. Kulinarische Enzyklopädie» Von Alain Ducasse, Matthaes Verlag, 1055 Seiten, Fr. 144.-, ISBN 3-8751-5007-4
Alain Ducasse ist der französische Überkoch unserer Zeit. Diese straff organisierte und pragmatisch gelayoutete Rezeptsammlung samt CD bildet die Grundlage seines Schaffens. In gewohnter Starkochmanier wird nicht lange geschwafelt, sondern gekocht. Schon das erste Rezept auf Seite 10 fordert volle Konzentration, die man behalten sollte bis zum letzten Rezept auf Seite 993. Wer es in einem Hobbykochleben schafft, die Rezepte dieses Buches nachzukochen, sollte den Beruf wechseln.
«Der Silberlöffel» Phaidon Verlag GmbH, 1264 Seiten, Fr. 69.50, ISBN 0-7148-9665-9 1950 ist dieses Buch in Italien erschienen und es dauerte satte 56 Jahre, bis endlich eine deutsche Übersetzung vorlag. Trotzdem ist der Silberlöffel das geblieben, was er war: die Bibel der italienischen Küche. 1264 Seiten, über 2000 Rezepte von Basissuppen, -saucen und -teigen bis zu Kreationen von Sterneköchen. Ein Standardwerk, das in jede Küche gehört, angeblich in Italien immer noch das Hochzeitsgeschenk numero uno. Die Mammas werden schon wissen, warum.
5. Spezielle Kochbücher «Schwein & Sohn» Von Stéphane Reynaud, Christian Verlag GmbH, 367 Seiten, Fr. 43.70, ISBN 3-8847-2713-3
Dieses Kochbuch ist die lustvollste Neuerscheinung des vergangenen Jahres. Eine Ehrerbietung an das Schwein, mit 127 deftigen und sinnlich schweinischen Rezepten. Im witzig illustrierten und modern fotografierten Werk geht es nicht nur ums Kochen, es geht um Ethik und Wertschätzung eines aussterbenden Berufsstandes - dem der Metzger - und seinen Geheimnissen. Ein Buch für jede Küche, ganz nah am Leben, manchmal schön, manchmal lustig, auch mal traurig.
«Verrückt nach Karamell» Von Trish Deseine, AT Verlag, 159 Seiten, Fr. 34.-, ISBN 978-3-0380-0266-6
Auf den ersten Blick fallen die wunderbar ästhetischen Bilder auf. Doch das Buch ist weit mehr als ein Bildband, es ist ein durchdachtes, thematisch enorm spannendes Kochbuch. Jeder, der je Zucker zu Karamell geschmolzen hat, weiss, dass zwischen Süss und Bitter nur wenige Sekunden liegen. In diesem Buch geht es indes um mehr als nur um die Zuckerschmelze. Es enthält neben Dessertkreationen auch karamellisiertes Gemüse oder eine Pizza mit karamellisierten Zwiebeln und Auberginen. Höhepunkt: der mit Nüssen karamellisierte Camembert.
«Max - Werbung, die schmeckt» von Ralf Frenzel, Hansjörg Falz, Peter Heinlein, Tre Torri Verlag GmbH, 219 Seiten, Fr. 69.00, ISBN 3-9379-6310-5
«Das etwas andere Kochbuch», steht auf dem Cover. Und tatsächlich: In diesem Buch werben 50 deutsche Kreativagenturen für ihre Lieblingsrezepte, die 21 innovative Köche raffiniert verfeinert haben. Die Rezepte werden erst doppelseitig professionell beworben, anschliessend folgen Rezept und Bild dazu. Sehr originell umgesetzt. Nicht nur zum Schmunzeln, vor allem auch zum Nachkochen geeignet. Beste Werbung also fürs Kochen: Ziel erreicht.
Diese Jury wählte die Bücher aus
saldo empfiehlt die besten Kochbücher aus fünf verschiedenen Bereichen, von Büchern für Anfänger über vegetarische Kochbücher bis zu Standardwerken. Ausgewählt wurden die Titel von einer dreiköpfigen Jury:
- Ingrid Schindler Kochbuchautorin und Foodjournalistin
- Patrick Zbinden Sensoriker
- Andrin C. Willi Chefredaktor von «Marmite», der Zeitschrift für Esskultur.