Nach dem Ständerat hat sich im September auch der Nationalrat für zwei Wochen Vaterschaftsurlaub ausgesprochen. Gemäss Berechnungen des Bundesamts für Sozialversicherungen kostet das jährlich 224 Millionen Franken. Finanziert werden soll der Urlaub über die Erwerbsersatzordnung (EO). Das heisst: Arbeitgeber und Angestellte zahlen je die Hälfte. Die Betriebe ziehen die EO-Prämien den Arbeitnehmern jeden Monat direkt vom Lohn ab – wie die Beiträge für AHV, IV, Arbeitslosen- und Unfallversicherung sowie die Pensionskasse. Für den Vaterschaftsurlaub müsste der Lohnabzug um 0,03 Prozent erhöht werden.
Auf den ersten Blick ist das wenig. Die Sozialabgaben steigen aber stetig, nächstes Jahr auch die AHV-Abzüge (siehe Kasten). Immer häufiger wird die EO zudem missbraucht, um sozialpolitische Forderungen zu finanzieren. So schlägt der Bundesrat dem Parlament in einem Gesetz vor, erwerbstätige Personen zu entlasten, die kranke Angehörige betreuen. Bereits beschlossen hat das Parlament, die Mutterschaftsentschädigung zu verlängern, wenn das Neugeborene länger im Spital bleibt.
Das ist ein Systemfehler, den auch Sylvia Locher, Präsidentin von Pro Single Schweiz, kritisiert. «Es sind auch viele Alleinstehende ohne Kinder und Familie, welche diese Lohnkosten bezahlen – obwohl sie gar nicht von den Leistungen profitieren.» Dabei hatte die EO ursprünglich einen andern Zweck: Personen, die Militärdienst oder Zivilschutz leisten, einen Teil des Verdienstausfalls zu ersetzen.
Im Jahr 2000 betrugen die Kapitalreserven der EO 3,5 Milliarden Franken. Das änderte sich 2005 mit der Einführung des Mutterschaftsurlaubs. Dieser wird über die EO finanziert. Die Idee dazu hatte FDP-Nationalrat Pierre Triponez. Die Lösung sei finanziell verkraftbar, frohlockte er nach dem Volksentscheid. In der Folge schmolz das EO-Kapital bis 2010 auf 400 Millionen Franken.
Finanzierung mit Steuergeldern ist gerechter
Deshalb erhöhte der Bundesrat schrittweise den EO-Beitragssatz: 2008 von 0,3 auf 0,4 Lohnprozente, 2011 dann auf 0,5 Prozent. Aktuell beträgt er 0,45 Prozent. Mit dem zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub steigt der Beitragssatz auf 0,51 Prozent. Das bedingt eine Anpassung des Gesetzes. Heute steht dort, dass der EO-Beitragssatz 0,5 Lohnprozente nicht übersteigen darf.
Andere Länder nehmen das Geld für den Elternurlaub nicht von den Angestellten. In Schweden zum Beispiel können Väter drei Monate bezahlt der Arbeit fernbleiben. Das wird nicht über Lohnprozente finanziert, sondern über Arbeitgeberbeiträge und Steuern. Das bedeutet: Besserverdienende zahlen mehr. Ein solches Modell entlastet die Kleinverdiener. Ähnliche Modelle kennen Finnland und Frankreich.
Ab 2020 bleibt Angestellten weniger vom Lohn
Nach dem Ja der Stimmberechtigten zum Steuer-AHV-Deal im Mai steigen die AHV-Beiträge nächstes Jahr um 0,3 Lohnprozente. Wie jedes Jahr verlangen auch die Krankenkassen höhere Prämien. Die Aufschläge sind unterschiedlich, je nach Kanton, Versicherungsmodell und Franchise. In Appenzell Ausserrhoden, Graubünden, Neuenburg und Wallis steigen die Prämien um mindestens 1,9 Prozent, im Tessin bis zu 2,8 Prozent («K-Tipp» 16/2019). Mit den höchsten Aufschlägen müssen Versicherte mit 2500 Franken Maximalfranchise rechnen («K-Tipp» 17/2019).