Der 43-Jährige Peter Forrer (Name geändert) aus Thierachern BE und seine 36-jährige Frau sind Eltern von drei Kindern im Alter von 2, 4 und 6 Jahren. Sie überlegen sich, wie sie ihre Kinder gegen Krankheit und Invalidität absichern könnten. Denn wird ein Kind in der Schweiz invalid, decken die Zahlungen der Invalidenversicherung (IV) und die Ergänzungsleistungen im Erwachsenenalter nur gerade das Existenzminimum.
Peter Forrer liess sich von einem Berater der Fina Finanzplanung AG aus Thun BE beraten. Dieser schlug vor, die Eltern sollten für die Kinder je eine Pax-Kinderversicherung namens «Pax First Step» abschliessen. Das ist eine gemischte Lebensversicherung, die das Risiko der Erwerbsunfähigkeit mit einem Sparprozess in einer Fondsanlage namens «Pax (CH) Fonds Portfolio 100» kombiniert.
Renditen von gemischten Lebensversicherungen geschönt
Mit dieser Pax-Kinderversicherung würde das jüngste Kind der Forrers bei Erwerbsunfähigkeit nach einer zweijährigen Wartefrist im Alter von 20 Jahren bis zum 65. Geburtstag eine jährliche Rente von maximal 24'000 Franken erhalten – also 2000 Franken pro Monat. Erreicht das Kind das 20. Altersjahr, ohne invalid zu werden, erhält es das angesparte Geld, das im erwähnten Pax-Fonds steckt.
Dazu rechnete der Berater auf dem Sparteil eine Wertentwicklung von stolzen 5,75 Prozent pro Jahr vor. Gemäss dieser Kalkulation würde der 20-Jährige 23'740 Franken erhalten. Pro Kinder-Police müssten die Forrers dafür 1200 Franken pro Jahr zahlen – bei einer Laufzeit von 20 Jahren also eine Gesamtprämie von 24'000 Franken pro Kind.
Die Erfahrung zeigt: Das in Aussicht gestellte Sparresultat ist noch geschönt. Die prognostizierten Renditen auf dem Sparteil von Fondsversicherungen sind in über 90 Prozent der Fälle nichts als heisse Luft. Das bestätigte kürzlich eine Untersuchung der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma («K-Geld» 4/2023).
Für Kinder gilt offensichtlich das Gleiche wie für Erwachsene: Gemischte Lebensversicherungen sind wegen ihrer langen Laufzeit und der tiefen Rendite für die Kunden unvorteilhaft. Dazu kommt: Wer vor Ablauf kündigt, erhält nur den Rückkaufswert. Die Rendite auf dem einbezahlten Spargeld ist dann noch tiefer als beim Sparen bis zum Ablauf der Police. Sparen und Versichern sollte man deshalb trennen.
Gefahr einer Kinderinvalidität ist laut Statistik klein
Wer das finanzielle Risiko einer frühen Invalidität versichern will, muss wissen: Laut Bundesamt für Statistik bezogen im vergangenen Jahr von den unter 25-Jährigen weniger als 2 Prozent der Wohnbevölkerung eine IV-Rente. Die Gefahr für eine Kinderinvalidität ist also gering. Für den Fall, dass der seltene Unglücksfall trotzdem eintrifft, sollte man die obligatorischen Leistungen der staatlichen Versicherungen berechnen, um die Notwendigkeit oder die Höhe einer zusätzlichen privaten Rente beurteilen zu können.
Die Invalidenversicherung des Bundes zahlt einem Invaliden momentan maximal 1663 Franken pro Monat. Diese Rentenzahlungen beginnen mit dem Erreichen des 18. Altersjahrs. Denn die IV ersetzt fehlendes Erwerbseinkommen. Es ist keine Zahlung für körperliche Gebrechen. Wer im Erwachsenenalter invalid ist und mit der IV-Rente die minimalen Lebenskosten nicht decken kann, hat zusätzlich Anspruch auf Ergänzungsleistungen. Diese sind abhängig von den individuellen Lebenskosten und betragen maximal 2000 Franken pro Monat.
Verunglückt ein Kind, kommen Kosten für medizinische Pflege und Betreuung auf die Eltern zu. Diese Arzt- und Spitalkosten übernehmen die Krankenkassen. Die IV übernimmt Kosten für Hilfsmittel wie etwa einen Rollstuhl, die medizinische Behandlung von Geburtsgebrechen und einen Teil der Kosten von Sonderschulen und therapeutischen Massnahmen. Ist das Kind auf intensive Betreuung angewiesen, können die Eltern Hilflosenentschädigung beantragen. Diese ist vom Einkommen und Vermögen unabhängig, kann lebenslang ausgerichtet werden und beträgt zwischen 490 und 1960 Franken pro Monat für Betroffene, die im eigenen Zuhause leben.
Policen, die nur Invalidität nach Unfall decken, sind unsinnig
Wer diese staatlichen Leistungen als unzureichend empfindet, kann bei einer privaten Versicherungsgesellschaft eine zusätzliche Rente oder die Auszahlung eines Kapitals versichern. Versicherer sprechen bei solchen Produkten von reinen Risikopolicen. Wichtig: Produkte, die nur für Unfallfolgen zahlen, sind unsinnig. Denn Invalidität nach Krankheit ist rund zehn Mal häufiger.
Am sinnvollsten ist die Garantie einer lebenslangen Rente. Das bietet von den grossen Versicherungen in der Schweiz nur die Mobiliar an. Die anderen kappen die Rente meist mit dem Erreichen des Pensionsalters, also ab dem 65. Geburtstag. Das kann bei Behinderten zu finanziellen Problemen führen, weil im Alter die Beschwerden häufig zunehmen und zu höheren Lebenshaltungskosten führen.
Die Kosten für reine Risikopolicen variieren stark, es lohnt sich, verschiedene Offerten einzuholen. So würde die Nettoprämie für Forrers 3-jähriges Kind bei der Mobiliar rund 660 Franken pro Jahr kosten. Würde es vor Ablauf des Vertrags (26. Geburtstag) invalid oder erwerbsunfähig, würde ihm die Mobiliar lebenslang eine Rente von 2000 Franken pro Monat zahlen.
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