Der Schweizer Triathlet und Ironman-Sieger Jan van Berkel schwört auf die Ernährungsweise «Low Carb – High Fat» – eine Form der ketogenen Diät. Der Extremsportler verzichtet auf Teigwaren, Brot und Zucker. Stattdessen isst van Berkel viel Fleisch, fetthaltige Lebensmittel und Gemüse. «Seit ich mich so ernähre, bin ich schneller geworden und mental fitter», sagt der 35-Jährige.
Die ketogene Diät bewirkt im Körper dasselbe wie eine Fastenkur: Statt Kohlenhydrate – zum Beispiel Zucker – verbrennt der Körper langfristig Fette. Dadurch verändert sich der Stoffwechsel. Die Folge: Man verliert Gewicht, ohne zu hungern, denn Eiweiss und Fett sättigen lange.
Auch die Nahrungsmittelbranche will vom Boom profitieren
Auch Freizeitsportler setzen zunehmend auf diese Diät. Alexandra Nater aus Niederlenz AG reitet und betreibt Kraftsport. Die 38-Jährige sagt: «Ich kann am Tag mehr leisten und im Sport mehr Gewicht stemmen. Ich fühle mich grossartig.» Mittlerweile ist auch die Nahrungsmittelindustrie auf den Zug aufgesprungen. Bereits verkaufen erste Hersteller Produkte für Sportler, die den ketogenen Stoffwechsel ankurbeln sollen.
Doch Fachleute raten von dieser extremen Diät ab. Denn es ist umstritten, ob die Ernährung die sportliche Leistung wirklich steigert. Wissenschafter des Universitätsklinikums Ulm (D) kamen bereits 2016 in einem Übersichtsartikel in der «Deutschen Zeitschrift für Sportmedizin» zum Schluss, dass die Belege dafür fehlen. Eine ähnliche Bilanz ziehen Wissenschafter der Universität Kapstadt (Südafrika) in einem Beitrag in der Fachzeitschrift «British Journal of Sportsmedicine», welcher die Ergebnisse von elf Studien zusammenfasst. Drei Untersuchungen hätten einen kleinen Nutzen, zwei aber gar keinen positiven Effekt nachweisen können, so die Autoren. Zwei Studien hätten sogar eine Verschlechterung der sportlichen Leistung nachgewiesen.
Die Diät kann aber auch happige Nebenwirkungen haben. «Fett und ungesättigte Fettsäuren in tierischen Produkten begünstigen hohe Cholesterinwerte», sagt der Sportmediziner Roman Gähwiler vom Kantonsspital Aargau. «Dies kann wiederum zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen.» Auch Arzt Thomas Walser warnt: «Wer zu wenig Kohlenhydrate isst und hart trainiert, schadet dem Körper.» Mögliche Folgen: Der Körper baut Muskeln ab. Ausserdem kann diese Diät die Hormone stören und das Immunsystem schwächen.
Langfristig Auswirkungen auf die Psyche
Die Forscher des Universitätsklinikums Ulm halten fest, dass der geringe Verzehr von Obst, Gemüse und anderen ballaststoffreichen Lebensmitteln sich langfristig auch negativ auf die Psyche auswirken könne. Kohlenhydrate seien «die wichtigste Energiequelle für geistige und körperliche Leistungsfähigkeit».
Kommt dazu: Die Umstellung, bis sich der Körper an die Diät gewöhnt hat, dauert lange und ist hart. Alexandra Nater litt ein halbes Jahr an Schwächeanfällen. «Die Umstellung war recht happig. Ich fühlte mich monatelang schlapp.»
Der Zürcher Arzt Thomas Walser empfiehlt Freizeitsportlern eine ausgewogene Ernährung. Optimal sei die mediterrane Küche. Sie enthält viel Gemüse, Früchte, Fisch und gesunde Öle, die viele Vitamine und Mineralstoffe liefern, welche beim Sport verloren gehen. Ambitionierten Sportlern empfiehlt Walser, täglich zwei bis zweieinhalb Liter Wasser zu trinken sowie am Abend vor dem Training auf Alkohol und vor dem Training auf Essen zu verzichten. «Sport vor dem Essen führt zu besserer Fettverteilung. Der Körper ist auf das Nahrungsfett angewiesen, um Muskeln aufzubauen.» Sportler sollten während des Trainings auch auf den Verzehr von Sportriegeln verzichten, rät Walser: «Diese enthalten zu viel Fett.» Sein Tipp: Randensaft steigert die Ausdauer. Das im Saft enthaltene Nitrit unterstütze die Herztätigkeit.